Brandenburg: Die Mutter ist spurlos verschwunden
Viele Rätsel nach der Bluttat in Berliner Grünanlage – das Rad des Mädchens fehlt ebenso wie die Tatwaffe
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Berlin - Die Mutter ist weg. Warum, darüber rätselt die Berliner Mordkommission am meisten. Hat sie ihre tote Tochter gesehen und ist vor Entsetzen weggerannt? Ist ein Streit mit der Tochter eskaliert? Zur Mutter habe man bislang keinerlei Kontakt gehabt, sagte Chefermittler Lutz Wieczorek gestern: „Wir würden gerne mit ihr sprechen.“
Mit ihrem rosafarbenen Kinderfahrrad ist die kleine Amani am Sonnabend gegen 7.30 Uhr aufgebrochen. 600 Meter entfernt, am anderen Ende der Forckenbeckstraße in Schmargendorf, wird sie zwischen 10 Uhr und 10.30 Uhr getötet. Kinder spielen in dem Park hinter der Kreuzkirche, viele Jogger sind gerade am Wochenende unterwegs, viele Hunde werden hier ausgeführt.
Erst seit drei Wochen wohnte die Achtjährige mit ihrer aus Afrika stammenden Mutter in einem Zimmer des Wohnheims in der Forckenbeckstraße. In diesem vom Bezirk Wilmersdorf geführten Heim leben deutsche und ausländische Familien. Warum die Familie dorthin zog, blieb gestern unbeantwortet.
Das Kind starb durch „massive Gewalt gegen den Hals“, sagte der Chef der Mordkommissionen, Jörg Dessin – nachdem ein Journalist fragte, ob es richtig sei, dass dem Kind die Kehle durchgeschnitten wurde. Die Spaziergängerin, die das tote Kind fand, hatte – wie berichtet – einen Schock erlitten und musste psychologisch betreut werden.
Die Kripo steht bei ihren Ermittlungen vor vielen offenen Fragen. Wer bringt am Vormittag in einem Park – mit großem Risiko, gesehen zu werden – ein Kind um? Wieso ist das Fahrrad weg, wer hat es weggeschafft? Auch die Waffe fehlt. Gestern begannen die Wasserbetriebe, das Wasser aus dem fast trockenen Regenrückhaltebecken abzupumpen, damit die Kripo besser den Schlamm durchsuchen kann. Insgesamt sind 40 Ermittler aus zwei Mordkommissionen mit dem Fall befasst. Ein sexuelles Motiv schließt die Kripo aus. Das Kind war bekleidet, Hinweise auf einen Missbrauch gibt es nicht. „Wir wissen nicht, mit wem Amani zwischen 7.30 Uhr und 10.30 Uhr zusammen war“, sagt Kriminaloberrat Jörg Dessin. Amani soll, so weiß die Kripo mittlerweile, vornehmlich entweder auf dem Spielplatz im Park an der Kreuzkirche oder auf dem Rüdesheimer Platz, etwa 1,5 Kilometer entfernt, gespielt haben. Dort habe sie andere Kinder gekannt. Das Mädchen soll häufig alleine auf den Spielplätzen gewesen sein.
Amani ist in Berlin geboren. Mutter und Tochter sprechen perfekt deutsch, sagen Mitbewohner des Hauses. Der Hausmeister kennt nur den Nachnamen der beiden, „mehr bekomme ich auch nicht vom Bezirk mitgeteilt“. Das Kind hätte er älter geschätzt – so wie auch die Polizei. Am Samstagabend hatten die Ermittler von etwa 12 bis 15 Jahren gesprochen. „Man kann das Alter sehr schlecht bestimmen“, sagt Ermittler Jörg Dessin.
Die Mädchen, die gestern vor dem Wohnheim saßen, kennen den Vornamen genau: Amani. „Vorgestern haben wir zuletzt miteinander gespielt“, sagt ein kleines dunkelhaariges Mädchen. Vorgestern habe sie auch deren Mutter zuletzt gesehen. Die Mutter sei regelmäßig vormittags losgezogen in einen Park und erst spätnachts wiedergekommen, berichten die beiden Mädchen. Was die Mutter dort gemacht hat, wissen die Mädchen nicht.
Der Vater des Mädchens, der ebenfalls aus Afrika stammt, hatte das Bild seiner Tochter am Sonnabend in der Zeitung gesehen und ist sofort zur Mordkommission in die Keithstraße gefahren. Dort wurde er lange befragt, als tatverdächtig gilt er nicht, hieß es. Auch einen Streit um das Sorgerecht gebe es nicht. Die Kleine wohnte bei ihrer Mutter. Amanis Tante sagte gestern, dass sie das Mädchen und deren Mutter zuletzt Silvester gesehen hätte. Ihr Mann kümmere sich derzeit um den Vater des Mädchen, sagte die 30-Jährige.
Für die Kripo ist es der zweite Mord an einem Kind innerhalb von drei Wochen. Mitte April war die 14-jährige Kristina Hani bei lebendigem Leib in Neukölln verbrannt worden. Auch dieser Fall ist noch nicht aufgeklärt.
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