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Brandenburg: Die Nase vorn

Nach der Energie und Kraftstoff aus Biomasse setzt Brandenburg nun auch auf Bio-Kunststoffe

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Nach der Energie und Kraftstoff aus Biomasse setzt Brandenburg nun auch auf Bio-Kunststoffe Von Jan Kixmüller Potsdam – Das Land Brandenburg macht sich auf den Weg, neben der Erzeugung von Biokraftstoffen auch bei der Erzeugung biologischer Rohstoffe eine wichtige Rolle zu spielen. Gestern trafen sich Vertreter der Wissenschaft, Wirtschaft und Politik an der IHK-Potsdam, um eine gemeinsame Strategie zu entwickeln.Unter anderem ist demnach geplant, in Selbelang zusammen mit der dortigen Futtermittel GmbH eine Bioraffinerie zu errichten. Wie Dr. Birgit Kamm von Biopos den PNN sagte, sei eine Anlage zur Produktion von Milchsäure mit mehreren Partnern geplant. Im kommenden Jahr soll die industrielle Pilotanlage errichtet werden. Hier soll der beim Pressen von Futterpellets aus Luzerne und Gras anfallende Pflanzensaft zur chemischen Weiterverwendung raffiniert werden. „So gewinnen wir einen Grundstoff für Bindemittel, Emulgatoren, die Kosmetikindustrie, Waschmittel und Klebstoffe“, erklärt Birgit Kamm. Schon heute kommt rund ein Viertel des in Deutschland produzierten Biodiesels aus Brandenburg, die größte Anlage zur Herstellung des Kraftstoffes befindet sich in Schwarzheide. In Schwedt arbeitet Deutschlands größte Anlage für Ethanol aus biologischen Grundstoffen. Sowohl auf dem Gebiet der Kraftstoff-Gewinnung aus biologischen Grundstoffen – etwa Getreide, Holz, Kompost etc. – als auch bei der Energiegewinnung aus Biomasse hat Brandenburg heute europaweit die Nase vorne. Dies will man nun auch für die stoffliche Verwertung biologischer Grundstoff – etwa biologisch abbaubare Kunststoffe – erreichen. Erste Schritte, wie die Pilotanlage zur Milchsäuregewinnung am Agrartechnischen Institut Bornim (ATB) sind bereits getan. Weitere wie eine Ansiedlung eines medizintechnischen Unternehmens, das aus Milchsäure medizinische Implantate erzeugen will, sind nach Auskunft von Dr. Andreas Pachten, ZukunftsAgentur Brandenburg (ZAB) geplant. Nach wie vor hat auch der US-Unternehmer Nature Works (ehemals Cargill Dow) Interesse daran, in Europa eine Bioraffinerie zu errichten. In Brandenburg denkt man darüber nach, wie die Erfahrungen der US-Firma für die Region zu nutzen sind. „Denkbar wäre ein Joint-Venture zur Einbindung von Nature Works“, sagte Pachten. Die zur Neige gehenden Erdöl-Reserven als Grundlage von Kraft- und Kunststoffen lassen die Entwicklung von biologisch basierten Alternativen immer wichtiger werden. Eine Entwicklung, auf die sich auch die Landwirte in Brandenburg eingestellt haben. Brandenburg habe hier einen Wettbewerbsvorteil, da man als flächiges Agrarland in relativ großen Chargen Biomasse liefern könne, so Siegfried Schütze vom Landesbauernverband. Die dazu notwendigen Flächen könnten durch größere Effizienz bei der Nahrungsmittelproduktion zunehmend frei gemacht werden. Heute schon würden von 17 Millionen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche in Deutschland rund zwei Millionen Hektar zur Gewinnung von Biomasse genutzt. „Allerdings muss die Nahrungsmittelproduktion die primäre Aufgabe der Landwirtschaft bleiben“, so Schütze. Er verwies auch auf die Probleme der Landwirte, die bei der Einspeisung der Bio-Energie ins Stromnetz auftauchen. „Das Monopol der Energiewirtschaft erweist sich hier als das größte Problem“, so Schütze. Die Entwicklung im Bioraffinerie-Bereich wirft zudem auch Kapazitätsfragen auf. „Die Nutzung der Bio-Energie frisst der Chemie die Rohstoffe weg“, so Dr. Kurt Wagemann von der Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie. Es sei abzusehen, dass die Kosten von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen in Zukunft an den steigenden Ölpreis gekoppelt werden.

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