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Brandenburg: Die Personalrochade

Warum Umwelt- und Justizressort unliebsame Abteilungsleiter tauschen wollen

Stand:

Potsdam - Bei der Justiz herrscht Entsetzen über Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke). Es steht der Vorwurf im Raum, der Minister wolle eine noch unter CDU-Führung eingesetzte Abteilungsleiterin aus parteipolitischen Gründen loswerden. Bei genauem Hinsehen offenbart sich, dass die Minister der Linken ein Problem mit ihrem Beamtemapparat haben.

Konkret haben Schöneburg und Umweltministerin Anita Tack (Linke) eine Personalrochade verabredet, mit der sie zwei unliebsame Abteilungsleiter in ihren Häusern loswerden. Der Leiter der Zentralabteilung im Umweltressort, Ralf Andrä, soll nach PNN-Informationen für ein Jahr einstweilig in das Justizressort abgeordnet werden und dort die Abteilung 3 für Strafrecht, Justizvollzug und Soziale Dienste übernehmen. Susanne Hoffmann, die als Staatsanwältin in Brandenburg Karriere machte und bisher Leiterin der Abteilung 3 ist, soll für ein Jahr ins Umweltressort abgeordnet werden – jeweils wegen „dringender dienstlicher Gründe“. Damit muss sich das Kabinett nicht mit der Personalie befassen. Dies wäre nur nötig, wenn ein Abteilungsleiter abberufen wird. Noch aber ist Sache noch lange nicht durch. Das Verfahren samt Anhörungen ist nach PNN-Informationen noch im Anfangsstatium. Dennoch sorgen die Pläne jetzt schon für Entsetzen in der Justiz.

Tack hatte sich schon häufiger über das von ihren Vorgängern übernommene Personal im Umweltressort beklagt. Mehrfach gab es Probleme, weil Entwürfe und Vorlagen für den Landtag verspätet und anders als abgesprochen vorgelegt wurden. Die Opposition wirft Tack seit Längerem vor, sie habe ihr Haus nicht im Griff. Intern wird Andrä vorgeworfen, zentrale Vorhaben Tacks immer wieder torpediert zu haben. Nun zieht Tack die Reißleine. Andrä gilt seit Jahren als starker Mann im Umweltministerium, dem es die Ressortleitung gern überließ, harte Entscheidungen durchzusetzen. Das war schon unter Dietmar Woidke (SPD) als Minister so.

Auch Schöneburg hadert mit seiner Abteilungsleiterin Hoffmann. Sie ist aktuell die ranghöchste Staatsanwältin hinter Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg in Brandenburg . Sie gilt in der Justiz als erfolgreich, zielstrebig und durchsetzungsstark. Ihr wird im Justizressort vorgeworfen, bei Schöneburgs im Frühjahr durch den Landtag gebrachte Reform des Strafvollzugs und bei der Umsetzung zu bremsen und zu blockieren. Hoffmann leitet die Abteilung 3 erst seit dem Frühjahr dieses Jahres. Der bisherige Mann auf diesem Posten, Manfred Koldehoff, übernahm von Hoffmann die Zentralabteilung. Koldehoff hatte Schöneburgs Reformen für den Strafvollzug mit der stärkeren Ausrichtung auf die Resozialisierung von Strafgefangenen maßgeblich vorangetrieben. Hoffmanns neue Aufgabe war es nun, die Reform tatsächlich umzusetzen. Schöneburg hatte bereits im Frühjahr angekündigt, eine Arbeitsgruppe solle eine neue, komplizierte Berechnungsgrundlage für den Personalbedarf – Vollzugsbeamte, Betreuer, Sozialarbeiter, Psychologen – erarbeiten. Wegen der Neuausrichtung des Strafvollzugs wird, darüber sind sich alle einig, mehr Personal nötig sein. Wie viel ist unklar. Andrä soll als erfahrener und knallharter Sparer und Personalmanager – eine der Kernaufgaben von Zentralabteilungsleitern – nun das Projekt im Justizressort vorantreiben.

Der Landeschef des Bundes der Strafvollzugsbediensteten, Willi Köpke, spricht von einem „schier unlösbaren Problem“, weil Personsal fehlt, aber Aufgaben hinzukommen. Über Hoffmann sagt Köpke: „Sie ist zwar von der beruflichen Vita eine erfahrene Staatsanwältin, hatte aber bis dahin wenig Erfahrung in der Praxis des Strafvollzuges.“

Hoffman war bis vor zehn Jahren noch in Berlin tätig. Brandenburgs Ex- Justizministerin Barbara Richstein (CDU) wollte sie im Sommer 2004 mit der Leitung der Staatsanwaltschaft Potsdam betrauen. Unter Beate Blechinger (CDU) wurde Hoffmann dann Leitende Oberstaatsanwältin und Stellvertreterin des Generalstaatsanwalts des Landes Brandenburg. Im Frühjahr 2009 ernannte Blechinger die Beamtin zur Ministerialdirigentin, fortan leitete Hoffmann die Zentralabteilung I im Justizressort. Nach der Landtagswahl 2009 und mit der rot-roten Regierung kam es zu Konflikten zwischen Hoffmann und der Ressortleitung. Schon 2010 wollte der Minister die Abteilungsleiterin wieder in die Justiz schicken – was an Formalien scheiterte. Auch Ex-Staatssekretärin Sabine Stachwitz lieferte sich über Monate einen Machtkampf mit Hoffmann. In Schöneburgs Abwesenheit versuchte Stachwitz Hoffmann über eine Kabinettsvorlage loszuwerden – kam damit aber nicht durch. Dann die Versetzung von der Zentral- in die Strafrechtsabteilung – eine erzieherische Maßnahme, hieß es.

Nun läuft die Justiz Sturm gegen die Pläne, Andrä ins Justizministerium zu versetzen. Der Richterbund wirft Schöneburg Missachtung der Justiz vor. Denn Andrä wäre auch für die Staatsanwaltschaften zuständig, obwohl er weder Jurist noch Strafrechtsexperte ist. Offiziell verteidigt das Justizministerium die Entscheidung. Für die Abteilungsleitung sei es unerheblich, ob eine Volljuristin auf dem Posten sitze. Ausschlaggebend seien Führungskraft, ausgeprägte Führungsfähigkeit und soziale Kompetenz. Für eine Übergangszeit sollen nach PNN-Informationen zwei sensible Bereiche – die Fachaufsicht über die Staatsanwaltschaften und das Strafrechtsreferat – direkt Staatssekretär Ronald Pienkny zugeordnet werden. Danach wäre dann wieder Nicht-Jurist Andrä zuständig – oder ein Jahr Abordnung abgelaufen. Alexander Fröhlich

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