Brandenburg: Die Politik als Klimakiller
Anhand von Regierungszahlen dokumentieren Umweltverbände, wie weit das Land seine Ziele verfehlt
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Potsdam - Brandenburgs Umweltverbände haben der Landesregierung wegen des Festhaltens an der Braunkohle „russisches Roulette in der Klimapolitik“ vorgeworfen. „Es gibt keine Klimaschutzstrategie, obwohl das Land mit seinen Braunkohlekraftwerken zu den größten deutschen Treibhausgasproduzenten gehört“, sagte BUND-Landesgeschäftsführer Axel Kruschat am Freitag vor Journalisten in Potsdam. „Man hat bislang keine Lehren gezogen.“ So sei der Klimaschutzbericht der Regierung, der in der nächsten Woche im Landtag diskutiert werden soll, ein „Offenbarungseid“. Die Umweltverbände, die den Ausstieg aus der Braunkohle bis zum Jahr 2027 fordern, stützen ihre Grundsatzkritik auf regierungsamtliche Zahlen.
Tatsächlich hat die Regierung in dem von den PNN kürzlich veröffentlichten 34-Seiten-Bericht – allerdings nur am Rande in einer Tabelle versteckt – eingeräumt, dass das 2002 beschlossene Klimaschutzziel, bis 2010, die CO2-Emissionen im Land auf 53 Millionen Tonnen zu senken, verfehlt wird: Stattdessen würden die Treibhausemissionen Brandenburgs bis 2010 voraussichtlich sogar auf 64 Millionen Tonnen pro Jahr steigen. Im Jahr 2003 – die letzte amtliche Zahl - waren es noch 61 Millionen Tonnen. Allein 40 Millionen Tonnen davon kommen aus den Braunkohlekraftwerken, insbesondere Jänschwalde und Schwarze Pumpe. Anders als im Klimabericht für den Landtag wird in einem Fachbericht des Landesumweltamtes unumwunden eingestanden: „Das landespolitische Ziel, die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2010 auf 53 Millionen Tonnen zu senken, ist noch nicht gesichert. Der Fehlbetrag liegt derzeit bei acht Millionen Tonnen.“ Aus diesem Fachbericht geht auch klar hervor, dass die Braunkohle das eigentliche Klimaproblem Brandenburgs ist. Zum Vergleich: Die Treibhaus-Emissionen der Industrie im Land machen 5,3 Millionen Tonnen jährlich, die des gesamten Brandenburger Verkehrs 5,9 Millionen Tonnen aus. Selbst wenn man alle Autos stilllegen würde, würde das Klimaziel der Regierung von 53 Millionen Tonnen nicht erreicht, so Kruschat.
Um so unverständlicher ist aus Sicht der Umweltverbände, dass die SPD-CDU-Koalition an der Braunkohle festhält und vor allem darauf setzt, dass es der Industrie gelingt, neue Braunkohle-Kraftwerke zu entwickeln, bei denenen die Kohlendioxid-Ausstöße gebunden und unterirdisch gelagert werden können.
Die Landesregierung argumentiert dagegen, dass die Braunkohle für Brandenburg, aber auch für Deutschland als einheimischer Energieträger unverzichtbar ist. Es müsse darum gehen, die Kohle sauberer zu machen, so die Regierungslinie.
Kruschat wies auf einen paradoxen Umstand hin: Brandenburgs Braunkohleindustrie war nach 1990 privatisiert worden – und gehört seitdem dem Staat, allerdings einem anderen. Der Vattenfall-Konzern ist ein schwedisches Staatsunternehmen. „Die Gewinne aus der Braunkohle fließen nach Schweden, wo man die Energiesysteme erneuert.“
Die Umweltverbände fordern von der Regierung, keine neuen Tagebaue und Kraftwerke zu genehmigen und gegenüber Vattenfall stärker Rückgrat zu zeigen. Sie weisen darauf hin, dass die Braunkohle-Industrie auch wegen ihres hohen Zugriffs auf das Grundwasser – 200 Millionen Kubikmeter im Jahr – klimaschädlich sei. Schon jetzt zeichne sich ab, dass Wasser in Brandenburg knapper wird. Das Land gehört nach Angaben des Landesumweltamtes zu den trockensten Gebieten Deutschlands.
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