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Finanzierung: Die Politik finanziert den Parteinachwuchs

Brandenburg fördert die Jugendverbände der Landtagsparteien mit jährlich 45 000 Euro. Ähnliche Bundeszuschüsse gelten als „verdeckte Parteienfinanzierung“.

Von Matthias Matern

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Potsdam - Brandenburgs linke Jugend kann aus dem Vollen schöpfen, zumindest wenn sie sich bei Solid engagiert. Für seine politische Arbeit hat der Jugendverband „Die Linksjugend“ im Vergleich aller anderen politischen Jugendverbände im Land Brandenburg das bei Weitem größte Budget zur Verfügung. „Pro Jahr sind das momentan etwa 60 000 Euro“, schätzt der Solid-Landesvorsitzende Markus Günther. 12 000 Euro erhalten die linken Nachwuchspolitiker aus dem Haushalt des Landes Brandenburg. Derzeit unterstützt das Land die politische Bildungsarbeit der insgesamt fünf Jugendorganisationen mit 45 000 Euro jährlich. Ähnliche öffentliche Zuschüsse auf Bundesebene durch das Bundesfamilienministerium stehen derzeit auf dem Prüfstand: Bei der Förderung von Jugendorganisationen aus dem Kinder- und Jugendplan des Bundes handele es sich um eine „verdeckte Parteienfinanzierung“, urteilten Richter des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg. Die bisherige Finanzierung von Parteijugendorganisationen sei rechtswidrig, so die Verwaltungsrichter. Kritisiert wird unter anderem, dass nicht sichergestellt ist, ob das Geld tatsächlich für allgemeine politische Bildung verwendet wird oder vielleicht doch für Jugendparteiarbeit. Der Förderung fehle der rechtliche Rahmen.

Dass die Zuschüsse der brandenburgischen Landesregierung nach dem Urteil der Verwaltungsrichter ebenfalls in Gefahr seien, glaubt Daniel Hintzen, Mitglied im Landesvorstand der Jungen Union (JU) Brandenburg, nicht. „Im Förderantrag müssen wir ausführlich darstellen, was wir mit dem Geld anfangen wollen. Es gelten dafür die gleichen Förderbestimmungen wie für alle Vereine“, sagt er. Am Jahresende müssten Verwendungsnachweise vorgelegt und alle Belege eingereicht werden.

Hintzen ist gleichzeitig Präsident des Rings Politischer Jugend (RPJ) im Land Brandenburg. Der RPJ ist ein nicht eingetragener Verein, in dem sich die Jugendorganisationen der Parteien zusammengeschlossen haben. Im Verein entscheiden die Nachwuchspolitiker über die Verteilung der 45 000 Euro, die von der Landeszentrale für politische Bildung überwiesen werden. „Das Geld wird nach einem vereinbarten Schlüssel verteilt. Grundlage sind die Stimmenanteile der nahestehenden Parteien bei der jüngsten Landtagswahl plus einen Sockelbetrag“, so Hintzen. Die Jusos bekämen demnach rund 14 000 Euro, Solid 12 000 Euro, die Junge Union 9400, die Julis 5000 und die Grüne Jugend 4500.

Auch die Landesregierung ist gelassen: „Wir haben gleich geprüft, ob das Urteil Konsequenzen im Land hat. Wir sehen aber keinen Handlungsbedarf“, sagt Stephan Breiding, Sprecher des Bildungsministeriums. In der Satzung des RPJ sei festgelegt, dass ausschließlich politische Jugendorganisationen gefördert werden, die auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. „Somit ist der Zweck klar definiert und die Verfassungstreue gewährleistet“, meint der Ministeriumssprecher.

Für die Linksjugend Deutschland geht es immerhin um 400 000 bis 500 000 Euro. Solid habe grundsätzlich Anspruch auf Gleichbehandlung, meinten die Richter in Berlin. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles ließ das Gericht die Revision beim Bundesverwaltungsgericht zu. Die Linksjugend werde diese Möglichkeit auch wahrnehmen, kündigte die Organisation in einer ersten Reaktion auf das Urteil an. Zugleich solle mithilfe eines Eilantrages der vorläufige Stopp jeglicher Bundesförderung von Parteijugendorganisationen erreicht werden. Auch auf Bundesebene wird die Verteilung durch einen RPJ geregelt. Doch anders als in Brandenburg existiert kein per Satzung vorgegebener Verwendungszweck. Dort gehe alles etwas lockerer zu, meint Brandenburgs RPJ-Präsident Hintzen. Offensichtlich sind auch die Bandagen härter. Vor allem wegen des Vetos der Jungen Union ist Solid kein Mitglied im Bundes-RPJ. In Brandenburg habe man damit kein Problem, sagt Junge-Union-Landesvorsitzender Dünn.

Für die meisten der politischen Nachwuchsorganisationen Brandenburgs machen die Landesmittel den Löwenanteil des zur Verfügung stehenden Budgets aus. Bezahlt werden davon Flyer für öffentliche Veranstaltung oder Honorare für Gastredner. Öffentliche Zuschüsse als Parteienfinanzierung zu kritisieren, findet Julis-Landesvorsitzende Diana Flemmig absurd. Das Gegenteil sei der Fall: „Wir versuchen uns auch von den Mutterparteien abzugrenzen. Ohne die Förderung wären wir noch abhängiger.“ Laut Flemmig erhält Julis-Brandenburg von der Landes-FDP jährlich rund 3000 Euro. Dafür unterstützen die Jungen Liberalen die Partei zum Beispiel beim Wahlkampf. Das machen im Übrigen auch die Junge Union, die Jusos und die Grünen für ihre Mutterparteien. „Die Mittel dafür stammen aber nicht aus der Landesförderung, sondern werden von uns extra vorher gesammelt“, versichert die Julis-Landesvorsitzende Flemmig.

Die 3000 Euro der FDP aber sind ein Klacks im Vergleich zur Summe, die Die Linke in den politischen Nachwuchs pumpt. 35 000 Euro bekommt Solid-Brandenburg laut ihrem Landesvorsitzenden Markus Günther von der Landespartei. Als Nachwuchspartei will sich die Organisation aber nicht verstanden wissen. „Wir sind kein Kaderverein, sondern ein Dachverband für linke Jugendliche im Land Brandenburg“, meint der Landesvorsitzende. Auch auf Stimmenfang für die Linke gehe man nicht „automatisch“, sagt Günther. „Darüber entscheidet die Landesmitgliederversammlung vor jeder Wahl neu.“ Bei der Landtagswahl 2009 zum Beispiel habe sich eine knappe Mehrheit für eine wahlkampfbegleitende Kampagne mit eigenem Programm, aber gegen einen direkten Wahlkampf für Die Linke ausgeprochen, erzählt Günther.

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