Brandenburg: Die Randalierer von nebenan
42 Polizisten sind im Zug, der nach dem Union-Spiel verwüstet wird. Aber keiner bemerkte unterwegs die Gewalt
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Berlin - 42 Bundespolizisten waren am Wochenende im Zug, neben den 600 Fußballfans, die auch Richtung Berlin rollten. Aber von diesen 42 Polizisten, sagt ein Sprecher der Bundespolizei am Montag, „hat keiner gesehen, was da passiert ist“. Passiert ist in drei Waggons eines Regionalexpresszuges Folgendes: Randalierer schlugen Decken ein, beschmierten Wände und vermüllten die Wagen. Spuren einer Fußballfahrt. Der Zug war auf dem Rückweg von einem Freundschaftsspiel zwischen Union Berlin und Hansa Rostock (3:1). Beim Spiel lief am Sonnabend alles friedlich ab, im Zug tobte dann die rohe Gewalt. „Die Beamten haben erst im Bereich Berlin davon erfahren, dass es umfangreiche Sachbeschädigungen gab“, sagt der Polizeisprecher.
Damit ist aus Sicht der Polizei auch die Frage geklärt, weshalb niemand eingegriffen und die Randale verhindert hat. „Die Kollegen hatten den Auftrag, die rivalisierenden Fangruppen im Zug zu trennen und gleichzeitig Angriffe von außen auf die Fans im Zug zu verhindern“, sagt der Polizeisprecher. Möglicherweise seien die Polizisten aus polizeitaktischen Gründen in anderen Wagen gewesen und hätten deshalb nichts mitbekommen. Genau konnte er es nicht sagen. Als sich der Zug am Gesundbrunnen leerte und die Polizisten den Schaden registrierten, „wurden Maßnahmen ergriffen“. Erst mal Ermittlungen gegen unbekannt.
Einige Zeit später in Friedrichshain hatten Polizisten dann Namen. 49 Menschen, teilweise vermummt, fielen durch ihr Verhalten auf und wurden deshalb kontrolliert. Die Beamten machten einen interessanten Fund: Sie stellten eine Kamera sicher, wie sie in Zügen verwendet wird. Ob es eine Kamera aus dem verwüsteten Zug war, wird gerade geklärt. Wenn ja, hat die Polizei wohl ein gutes Beweismittel. Seit zwei Jahren sind solche Kameras in den Zügen installiert. Ob die Kontrollierten mit der Randale etwas zu tun haben, wird geprüft.
Über Union wird die Polizei kaum auf die Namen der Täter stoßen. „Wir prüfen intern, welche Fangruppen beteiligt sein können“, sagt Union-Pressesprecher Christian Arbeit. „Aber die Wahrscheinlichkeit, dass wir konkrete Hinweise erhalten werden, tendiert gegen null.“ Wer wird schon einen anderen Fan verpfeifen?
Und damit, sagt Arbeit, sind die Möglichkeiten des Vereins erschöpft. Polizei und Verein hatten im Vorfeld den Fans Hinweise über einen Shuttle-Verkehr zum Stadion gegeben. Das Zusammentreffen mit Rostocker Fans sollte vermieden werden. Bahn, Polizei und Verein hatten sich, wie üblich, im Vorfeld getroffen. Beim Spiel war denn ja auch nichts. Der beschädigte Zug fällt zwei Wochen lang aus. „Wir werden die Täter zur Kasse bitten“, sagt ein Bahnsprecher. Zur Kasse wird aber erst mal immer die Bahn gebeten. Randale von frustrierten Fußballfans kostet sie jährlich zwei Millionen Euro, seit Jahren eine konstante Zahl. Allerdings kommen pro Jahr 700 000 Euro Zusatzkosten, weil Sicherheitsmitarbeiter der Bahn die Fans begleiten müssen. Das Unternehmen lässt seine Züge seit Längerem so bauen, dass bestimmte Teile nicht so schnell kaputtgehen. Wer durch Sachbeschädigung auffällt, erhält Haus- und Beförderungsverbot.
Ob es auch jemanden nach der jüngsten Randale treffen wird, ist unklar. Auf jeden Fall hatte die Polizei nicht mit so einer Verwüstungsorgie gerechnet. 42 Bundespolizisten hört sich zwar erst mal nach großem Begleitkommando an. „Aber wenn man bedenkt, dass 600 Fans unterwegs waren“, sagt der Bundespolizeisprecher, „war das wenig.“
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