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Brandenburg: „Die Spannung ist spürbar“

Juden in Berlin sind über Antisemitismus schockiert

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Berlin - Albert Meyer ist immer noch fassungslos: „Ich werde als Judenschwein beschimpft, in meiner Heimatstadt! Das ist ein Schlag ins Gesicht.“ Natürlich sei auch ihm bewusst, was in Gaza passiert, sagt der Berliner Rechtsanwalt, dessen Eltern das Dritte Reich in der Illegalität überlebten. Aber die überwiegend von palästinastämmigen Arabern gerufenen Schmähparolen richteten sich nicht gegen Israel, sondern Juden allgemein würden als Kindermörder beschimpft. „Das hat eine neue Dimension bekommen.“

Das sieht auch Lala Süsskind so, Vorsitzende des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus. „Ich habe noch nie schwarzgesehen, aber in letzter Zeit hat sich die Situation wirklich verschärft.“ Wie viele andere Juden in Berlin sieht auch sie jetzt die Politik am Zug. Die schlimmsten Äußerungen müssten verboten werden.

Völlig unverständlich ist für Levi Salomon, dass die Bezeichnung „feiges Judenschwein“ keine Volksverhetzung darstellen soll. Der 55-Jährige dokumentiert schon seit zehn Jahren anti-israelische Kundgebungen in Berlin, und mittlerweile ist auch für ihn das Maß voll. „Der Hass, die Aggressivität und Gewaltbereitschaft in den Augen mancher Menschen bei diesen Demonstrationen sind neu.“ Er vermisst einen „Aufstand der Anständigen“ – schließlich sei das Problem auch für Deutschland kreuzgefährlich.

Eine Studentin aus Tel Aviv, die seit mehr als einem Jahr in Berlin lebt, berichtet, sie habe ohnehin schon kaum mit Deutschen sprechen können, ohne dass der Konflikt zur Sprache kam. „Aber in den letzten Tagen ist die Spannung förmlich spürbar. Wenn ich erzähle, dass ich Israeli bin, wissen die Menschen nicht mehr, was sie sagen sollen.“ Einige Berliner Freunde, die sich für Palästina engagieren, habe sie seit Beginn des Gaza-Krieges nicht mehr getroffen. „Wir wissen, dass wir uns sonst nur streiten werden.“

Albert Meyer sieht den „Samen des Antisemitismus“ erneut aufblühen. Zwar begrüßt er, dass sich die CDU zu Wort gemeldet hat, doch der 67-Jährige fordert den ganzen Senat zum Handeln auf: „Dies ist meine Heimat, meine Familie lebt seit mehreren Hundert Jahren in Berlin. Und hier werde ich beleidigt!“ Bodo Straub

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