zum Hauptinhalt

Brandenburg: „Die Sprachlosigkeit ist überwunden“

Ex-ZAB-Chef Detlef Stronk über den „Potsdamer Dialog“ zur gemeinsamem Wirtschaftsentwicklung

Stand:

Herr Stronk, Sie versammeln am Dienstagabend mit Ihrer Initiative „Aktive Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg“ eine illustre Runde von Wirtschaftsförderern in Potsdam. Es geht um die gemeinsame Wirtschaftsentwicklung in der Hauptstadtregion. Was wollen Sie erreichen?

Uns geht es um eine kritische Bestandsaufnahme, wo wir als Hauptstadtregion im nationalen, aber auch internationalen Vergleich stehen; was ist erreicht worden und wo sind neue Initiativen notwendig.

Wie steht es denn um die Zusammenarbeit von Berlin und Brandenburg in der Wirtschaftspolitik?

Es tut sich einiges, etwa in der Clusterpolitik und in der gemeinsamen Vermarktung. Ich habe aber das Gefühl, in den vergangenen Jahren war die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern etwas stagniert. Jetzt ist ein neuer Anschub notwendig. Und das wollen mit dieser Veranstaltung erreichen.

Wo stagniert es denn?

Viele Initiativen sind vor einigen Jahren gestartet, wie eben die Cluster oder ein gemeinsamer Länderauftritt. Aber zwischen den Landesregierungen gab es dann eine Zeit lang Stillstand, da ist wenig passiert. Es erscheint uns ein günstiger Zeitpunkt, jetzt Impulse zu setzen. Die Sprachlosigkeit zwischen der Senatskanzlei in Berlin und der Staatskanzlei in Potsdam ist überwunden. Und auch die beiden Regierungschefs, Michael Müller in Berlin und Dietmar Woidke in Potsdam, verstehen sich gut, sie sind pragmatisch, wie auch der neue Wirtschaftsminister. Da kann man auf mehr hoffen. Nach der gescheiterten Länderfusion sind die Bemühungen für mehr Gemeinsamkeit zurückgegangen und dieser Rückschlag hat ziemlich lange gedauert. Jetzt könnte es wieder nach vorne gehen.

Als Steuerzahler und Bürger fragt man sich doch, ob die Landesgrenzen für die Wirtschaftspolitik nicht hinderlich sind, wenn beide Ländern zumindest im Speckgürtel ohnehin wie eine Region wirken.

Die Zusammenarbeit über die Ländergrenzen hinweg ist vernünftig geregelt, es gibt auch Abkommen zwischen den Wirtschaftsfördergesellschaften. Aber wenn jedes Land nur an den eigenen Vorteil denkt und ihn propagiert, dann bleibt es für die Region auch nur bei der Summe der eigenen Vorteile. Wenn die Vorteile jedoch kumuliert werden, hat man auch einen Vorteil in der internationalen Vermarktung. Die Region muss mehr als gemeinsame Hauptstadtregion denn als zwei Teile gedacht werden. Das muss Oberhand bekommen.

Von der Wirtschaftsstruktur sind beide Länder doch recht unterschiedlich, wie geht das zusammen?

Richtig ist, dass Berlin für eine starke Gründerszene, für Start-ups und für Kreativwirtschaft steht, Brandenburg hat sich mehr zum Industrieland entwickelt. Wenn beide Komponenten zusammengeführt werden, entstehen neue Vorteile. Man muss das zusammen denken, dann kann man auch gemeinsam profitieren.

Wo könnte es denn besser werden?

Beide Bundesländer haben jeweils ein sehr gutes internationales Standortinformationssystem. Man könnte für diese beiden Systeme ein gemeinsames Dach entwickeln und die Region noch stärker vermarkten, um im internationalen Wettbewerb stärker zu werden. Wir hoffen am Dienstagabend auf frische Ideen.

Wo steht denn die Hauptstadtregion wirtschaftlich?

Wenn man sich die Zahlen der vergangenen Jahre anschaut, sind wir als Region vorangekommen, aber keineswegs im Vorderfeld. Im Dynamikranking sind wir ganz weit vorn, die wirtschaftliche Dynamik ist überaus gut. Doch beim Bestandsranking sind wir im nationalen Vergleich immer noch im hinteren Mittelfeld. Wir dürfen deshalb keineswegs nachlassen und müssen weiter versuchen, neue Vorteile zu entwickeln.

Über Jahre hat die Wirtschaft eine Fusion angemahnt. Das hat nachgelassen, die Politik bremste ohnehin. Hat die Wirtschaft die Fusion aufgegeben?

Nein, für die Wirtschaft, für die Gewerkschaften und die Verbände sind Berlin und Brandenburg eine Region. Da gibt es überhaupt keine Zweifel, zumal beide Länder geschichtlich immer zusammengehört haben. Deshalb sind wir auch weiterhin für die Fusion, aber wir wissen auch, dass die Brandenburger mehrheitlich immer noch skeptisch sind. Sie haben keine Lust auf eine neue Fusionsdebatte. Wir können nur durch gemeinsame Aktionen überzeugen, um Ängste und Vorurteile abzubauen und um das Gefühl für die gemeinsamen Chancen in den Vordergrund zu stellen. Eine verstärkte Zusammenarbeit kann die Bereitschaft fördern. Vielleicht kommt dann eine jüngere Generation, die Lust auf eine neue Fusionsdebatte hat.

Das Gespräch führte Alexander Fröhlich

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })