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Brandenburg: Die Stimmungswende

Der Aufschwung ist angekommen – auch in den Köpfen / Der Boom hatte Folgen: Brandenburg musste seine Förderung umstellen

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Potsdam - Es hat sich etwas geändert in Brandenburg: „Die Stimmung ist deutlich besser geworden“, sagt Detlef Stronk, Chef der Zukunfts-Agentur Brandenburg (ZAB). „Innerhalb der vergangenen beiden Jahre ist ein bemerkenswerter Stimmungswandel passiert. Selbst in der Prignitz und in der Uckermark ist trotz der im Vergleich zum Berliner Umland schwierigen Wirtschaftslage bei den Wirtschaftsförderern, den Bürgermeistern und den Landräten die Stimmung besser geworden, ist Optimismus zu spüren“, sagt der Chef der brandenburgischen Investorenberatungs- und -betreuungsagentur. „Die Wirtschaft wächst, der Aufschwung ist in Brandenburg angekommen, so Stronk. Klaus-Dieter Licht, Chef der Investitions-Landesbank Brandenburg (ILB), über die die staatlichen Fördermittel in Brandenburg vergeben werden, spricht von einem Investitionsboom in Brandenburg.

Schon allein die Zahlen der ZAB, an die sich nicht jeder Investor, der in Brandenburg Geld ausgeben will, wendet, belegten die positive Entwicklung. Nach einem Investoren-Rekord im Vorjahr sei die ZAB auch in diesem Jahr wieder auf Rekordkurs. Vertraglich fest gebunden seien durch die ZAB in den ersten acht Monaten 2007 allein 65 Ansiedlungsprojekte (Vorjahreszeitraum: 45), 125 Innovationsprojekte im Rahmen der Technologieförderung (92) und 18 Existenzgründungen (13). Unter den Investoren waren in diesem Jahr 12 aus dem Ausland, im Vorjahr waren es bis Ende August neun.

Schwerpunkt der von der ZAB betreuten Neuansiedlungen sei noch immer die „Halbmondsichel“ westlich Berlins – der Raum von Henningsdorf/Oranienburg bis herunter nach Potsdam und Ludwigsfelde. In diesem Jahr hätten besonders viele Investoren Ansiedlungen aus dem Life-Sience-Bereich im Raum Henningsdorf angekündigt. Im Süden fange der Bau des Großflughafens Berlin Brandenburg International (BBI) an, auf die Investitionstätigkeit zu wirken von Teltow/Stahnsdorf über die Landkreise Teltow-Fläming und Dahme-Spreewald bis in den Osten des Landes nach Oder-Spree hinein. Aber auch für die Prignitz, die Uckermark und vor allem für den Süden des Landes melden sich zunehmend Investoren. „Die Lausitz ist ganz klar unter den Gewinnern bei Anfragen über Neuansiedlungsprojekte“, so ZAB-Chef Stronk.

Und noch einen weiteren Standortvorteil haben Licht und Stronk für Brandenburg ausgemacht: Die Nähe zu Polen. Auffällig viele Investoren wählten im Grenzgebiet die deutsche Seite – einst eine der Problemzonen der Mark. „Die deutschen Bundesländer gelten vielen Investoren mit den Förderbedingungen und den Standortfaktoren als sicherere Basis als die polnische Grenzregion, so Stronk. Auch seine sächsischen Kollegen hätten diese Erfahrung gemacht.

Deutlich an Fahrt gewonnen habe die Entwicklung des Mittelstandes in Brandenburg, so ILB-Chef Licht: „Die Dynamik des Aufschwungs ist nicht nur bei den Großen, sondern auch in der Breite bei den kleinen und mittleren Betrieben angekommen.“ Im Vergleich zum Vorjahr erwarte die ILB im laufenden Jahr deutliche Steigerungen bei den Investitionen der mittelständischen Betriebe. So habe es aus diesem Bereich 64 Prozent mehr Förderanträge gegeben. Der Anteil von Investitionsfördermitteln, die an den Mittelstand gehen, werden um etwa 36 Prozent steigen, und das vom Mittelstand geplante Investitionsvolumen nehme um 39 Prozent auf etwa 120 Millionen Euro zu (2006: 90 Millionen Euro).

Doch der Boom hat auch Folgen: Brandenburg muss seine Förderrichtlinien umstellen, um mit den jährlich 300 Millionen Euro Fördergeldern für gewerbliche Unternehmen auszukommen. Zwar betonen ILB und ZAB, dass jeder Antragsteller mit einer förderfähigen Investition im gewerblichen- und Industriereich auch gefördert werde.

Aber die Kriterien, nach denen seit dem 1. September gefördert wird, haben sich geändert. Licht nennt die Schlagworte: „Bonussystem“, „Fokussierung auf das Stärken der Stärken“. In der Praxis heißt dies: Förderte Brandenburg bisher jedes Billigjob-Callcenter zur Not auch noch mit Lohnkostenzuschüssen, so soll nun Bestenauslese betrieben, auf die Qualität der Investition und der geschaffenen Arbeitsplätze geschaut werden.

So können Unternehmen künftig die Maximalförderung von 50 Prozent für ihre Investitionen nur noch erreichen, wenn sie auch hochqualifizierte Arbeitsplätze für Mitarbeiter mit Universitäts- oder Fachhochschulabschluss schaffen und die Anzahl neuer Dauerarbeitsplätze in angemessen hoher Relation zu den Investitionskosten stehen. Außerdem gibt es Förderaufschläge für Investitionen, die in den – in der neuen Förderstrategie des Landes „Stärken stärken“ definierten – Branchenschwerpunktorten geplant sind. Callcenter kämen nur noch über die Basisförderung von 15 Prozent hinaus, wenn es sich um hochqualifizierte Dienstleistungsanbieter mit Arbeitsplätzen für Hochqualifizierte handelt, so ILB-Chef Licht.

Durchs Fördersieb fallen aber Investitionsbranchen, die noch vor Kurzem als zukunftsträchtig galten: Biodieselanlagen und Anlagen zur Herstellung von Holzbrennstoffen bekommen keine Hilfe mehr vom Land. Für solche Anlagen gebe es in Brandenburg nicht mehr genügend Rohstoffe – die würden inzwischen schon aus der Ukraine herangekarrt – auf einen Ausbau dieser Branchen könne verzichtet werden. „Wir fördern eben nicht mehr alles“, so ILB-Chef Licht.

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