Urteil: Lebenslänglich: Die Töchter heimtückisch getötet
UPDATE. Das Auto geht in Flammen auf, darin sitzen zwei Kinder. Sie haben keine Chance und sterben einen schrecklichen Tod. Ihr Vater, ein Däöne, hat den Wagen mitten in Brandenburg in Autobahnnähe angezündet. Am Donnerstag nun das Urteil: lebenslänglich.
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Potsdam - Peter-Thue R. kaute Kaugummi, den Oberkörper gebeugt und krumm, den Blick hinabgesenkt. So wie es der 41-jährige Däne immer tat an den vergangenen zwölf Prozesstagen. Und selbst diesmal, als der Vorsitzende Richter Frank Tiemann am Landgericht Potsdam das Urteil gegen ihn verkündete: lebenslange Haft für den zweifachen Mord an seinen beiden Töchtern.
Line Sofie (9) und Marlene Marie (10) starben im August 2011 einen grausamen Tod. Peter-Thue R. hatte ihnen Schlaftabletten gegeben. Sie saßen angeschnallt auf der Rückbank seines Kleinwagens, den er in ein Waldstück bei Börnicke am Autobahndreieck Havelland gesteuert hatte. Dort verschüttete er im Wagen zwei Kanister Benzin, insgesamt zehn Liter, und zündete es an. Von den Mädchen blieben nur die völlig verkohlten Leichenreste.
Für die Schwurgerichtskammer war es eine langfristig geplante Tat. Er habe die Tötung der Mädchen vor dem gemeinsamen Ausflug zu einem Snowdome bei Hamburg vorbereitet, sagte Tiemann in seiner dreistündigen Urteilsbegründung. Die Tat sei demnach keineswegs spontaner Entschluss gewesen.
Das Motiv für den Mord war ein Streit um die beiden Kinder mit der Ex-Frau. „Das Motiv ist klar, sie mussten sterben, weil er es nicht ertragen konnte, dass er sie am nächsten Tag wieder bei der Mutter abgeben musste und sie bei seiner Ex-Frau bleiben.“ Beide hatten sich 2009 nach 13 Jahren Beziehung getrennt. Er bekam das Wohnrecht zugesprochen, damit die Kinder in der gewohnten Umgebung leben konnten. Soweit funktionierten auch die Absprachen, die Mädchen waren im Wochenwechsel bei ihrem Vater oder der Mutter. Schwierigkeiten traten auf, je besser es der Ex-Frau Christine O., die im Prozess als Nebenklägerin auftrat, ging. Sie fand einen neuen Partner, der ebenfalls Kinder hatte, heiratete wieder und kaufte sich mit ihm ein Haus. Peter-Thue R. habe in einem regelrechten Wettbewerb um die Kinder mit seiner Ex-Frau gestanden, sagte der Vorsitzende Richter.
In den Monaten vor der grausamen Tat spitzte sich der Konflikt zu. Peter-Thue R. schmiedete Umzugpläne in eine 200 Kilometer entfernte Stadt, seine Ex-Frau aber ließ er lange im Unklaren darüber. Als sie schließlich selbst das Wohnrecht beantragte und im Juli 2011 zugesprochen bekam, sah der 41-Jährige offenbar keinen Ausweg mehr. „Sein Plan mit den Kindern fortzuziehen und sie diese Art der Ex-Frau zu entziehen, war gescheitert“, sagt Tiemann. Er habe auch keine Chance gesehen, dass Wohnrecht wiederzubekommen. „Er konnte die Vorstellung, dass ihr die Kinder zugesprochen werden, nicht ertragen“, sagte Tiemann.
Der Däne sah außerdem keine Perspektive für sich. „Aus seiner Sicht ging es eigentlich immer stetig bergab“, sagte Tiemann. Sein Leben lang hatte er verschiedene Jobs, litt unter Depressionen, hatte Ausbildungen abgebrochen oder wurde gekündigt, „weil er Probleme hatte, sich unterzuordnen“. Nun stand der einst mit seiner Ex-Frau gekaufte Bauernhof vor der Zwangsversteigerung, Peter-Thue R. war arbeitslos. „Er konnte es nicht ertragen, dass sich die Dinge für seine Ex-Frau positiv entwickelten. Er missgönnte ihr das Glück.“
Der Däne hat die Tat während des Prozesses gestanden und Reue gezeigt: Er habe sich selbst töten wollen und es nicht ertragen, dass seine Kinder ohne ihn weiterleben müssen – und deshalb die Mädchen mit in den Tod nehmen wollen. Auch während des Prozesses unternahm der Mann im Gefängnis einen Suizidversuch, und zwar kurz bevor das Gericht die Ex-Frau als Zeugin vernehmen wollte.
Recht glauben wollte ihm das Gericht nicht, dass er sich mit den Kindern umbringen wollte. „Er war vor der Tat wütend und hasserfüllt, aber nicht verzweifelt, nicht lebensmüde“, sagte Tiemann. „Er hatte nicht die Absicht, sich unbedingt das Leben zu nehmen.“ Die Kinder dagegen waren wehrlos. „Sie nahmen ihre Arglosigkeit mit in den Schlaf.“ Daher stufte das Gericht die Tat als Mord aus Heimtücke und niederen Beweggründen ein. Es sei „menschlich nicht nachvollziehbar“, seine eigenen Kinder umzurbingen, sagte Tiemann. Am Ende wendete sich der Richter noch einmal direkt an den Angeklagten: „Wenn die Reue ernst gemeint ist und nicht nur als hohles Gerede erscheinen soll, dann müssten Sie das Urteil eigentlich annehmen.“ Peter-Thue tat es nicht.
Sein Verteidiger empfahl ihm Revision einzulegen. Die Staatsanwaltschaft und Nebenklageanwalt dagegen zeigten sich nach dem Urteil zufrieden. Beide hatten lebenslange Haft gefordert. Aller Voraussicht nach wird Peter-Thue R. die mindestens 15 Jahre Haft in Deutschland verbüßen. Er wie auch der Staat Dänemark können zwar den Antrag stellen, dass die Haftzeit dort verbüßt wird. Allerdings muss dem auch die Staatsanwaltschaft Potsdam zustimmen. Die aber will sicher gehen, dass „er dafür bezahlt“.
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