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Brandenburg: Die Wildnis fängt vor der Haustür an

Wanderfalken, Fledermäuse, Wildschweine: Ausstellung „Biopolis – Wildes Berlin“ zeigt das Miteinander von Natur und Großstadt

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Berlin - Zwischen verdorrten Geranien und dem Kräuterkasten bebrütet eine Stockente ihre Eier. Auf dem Hochhausbalkon im 7. Stock sind sie und ihr Nachwuchs sicher vor freilaufenden Hunden. Die fast perfekte Anpassung ans Großstadtleben – mit einem Haken: Wenn die Küken geschlüpft sind und die Stockente ihren Instinkten folgend das Nest verlässt, springen die Küken hinterher.

Mensch, Wildtier, Metropole – was für viele nicht recht zusammenpasst, ist längst Berliner Wirklichkeit geworden. Tierfotograf Florian Möllers hat sie mit der Kamera eingefangen. Die Ergebnisse gibt es bis Ende Februar im Naturkundemuseum zu besichtigen. Die Sonderausstellung „Biopolis – Wildes Berlin“ beleuchtet das Zusammenleben von Mensch und Wildtier in Berlin. Dass viele Tiere die Vorzüge des Großstadtlebens zu schätzen wissen, daran lassen Möllers’ Bilder keinen Zweifel: vom Aussterben bedrohte Wanderfalken, die auf dem Fernsehturm nisten, Fledermäuse, die sich in den unterirdischen Filteranlagen der Wasserwerke am Tegeler See eingenistet haben, und Füchse und Waschbären, die den Müll nach Fressbarem durchstöbern. Bis zu 30 000 Tier- und Pflanzenarten beherbergt Berlin. Die Stadt sei damit eine der artenreichsten überhaupt, sagt Kurator und Biologe Uwe Moldrzyk. Der Mauerstreifen und eine Vielzahl von Grünflächen und Friedhöfen hätten das möglich gemacht. Sogar die ungeräumten Abrissbrachen seien wichtig, denn sie böten selten gewordenen Tieren wie der Haubenlerche eine Heimat.

Zu über 250 Tierbildern werden in der Ausstellung in begehbaren Boxen die Geschichten von Großstädtern erzählt, in deren Leben sich Wildtiere einen Weg gebahnt haben. Etwa die von Barbara Lorbeer und Barbara von Borovicezeny, die nach anfänglicher Skepsis große Sympathien für die Wildschweinfamilie entwickelten, die eines Tages ihren Garten besiedelte.

„Man hat sie gern, solange sie nicht den eigenen Garten durchpflügen“, sagt Moldrzyk. Zudem werde der Schaden, den die Tiere dort auf der Suche nach Larven anrichten, in der Großstadt nicht erstattet. Deshalb holten manche die Stadtjäger. „Gefährlich werden die Tiere meist, wenn sie zahmgefüttert sind“, sagt Fotograf Möllers, der beim Fotografieren nur knapp den scharfen Eckzähnen eines Keilers entging. Wildschweine und Füchse halten dann keine Distanz mehr, weil sie von ihren menschlichen Nachbarn Futter einfordern.

Gründe für die tierische Landflucht sieht Moldrzyk vor allem im fehlenden Lebensraum auf dem Land und den besseren Bedingungen in der Stadt: ein wärmeres Klima, immer genug zu fressen, und der „Jagddruck“ sei in der Stadt auch gering. „Warum sollten die Wildtiere nicht hierher kommen dürfen?“, sagt Fotograf Möllers. Und auch wenn es dabei manche Schwierigkeiten gäbe – „die Natur hat sich die Stadt zurückgeholt.“

Markus Langenstraß

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