Brandenburg: „Die Wirtschaft als Sündenbock“
Kontroverse um Eckpunkte für Energiestrategie des Landes / BUND: Kein ernsthafter Klimaschutz
Stand:
Potsdam - Die Bekanntgabe von Eckpunkten der Brandenburger Energiestrategie bis zum Jahr 2020 durch Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) hat eine kontroverse Debatte ausgelöst. In der Strategie muss nach Darstellung der SPD-Landtagsfraktion die Steigerung der Energieeffizienz als entscheidend für die Minderung des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) dargestellt werden. Die Partei Die Linke, die die am Dienstag von Junghanns vorgestellten Eckpunkte als Rolle rückwärts bezeichnete, forderte einen Teilplan zu nachwachsenden Rohstoffen und Biomasse. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisierte, Brandenburg betreibe weiterhin keinen ernsthaften Klimaschutz.
Es grenze „an Hilflosigkeit, wenn neuerdings die gesamte Wirtschaft als Sündenbock für die eigenen politischen Fehlleistungen“ verantwortlich gemacht wird, so BUND-Landeschef Axel Kruschat. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) müsse „endlich die Rolle des Steigbügelhalters für Vattenfall“ aufgeben. „Wenn zwei Drittel aller Brandenburger CO2-Emissionen der Braunkohleverstromung geschuldet sind, dann beginnt wirklicher Klimaschutz in Brandenburg erst mit dem Ausstieg aus der Braunkohle“, so BUND-Chef Kruschat. Damit könne wirklicher Klimaschutz in der Mark erst mit einem Ausstieg aus der Braunkohle beginnen. Zudem sei ein Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und einer Zunahme der Emissionen in Brandenburg nicht erkennbar. So seien die Emissionen über mehrere Jahre hinweg trotz eines Wachstums von drei Prozent nicht gestiegen, so der BUND-Chef weiter. Im Jahr 2002 hätten dann hingegen die Emissionen bei negativem Wirtschaftswachstum zugenommen.
Ein sprunghafter Anstieg der Emissionen von gut 54 Millionen auf rund 62 Millionen Tonnen Kohlendioxid im Jahr sei 1998 mit der Inbetriebnahme des letzten Kraftwerksblocks von Jänschwalde verzeichnet worden. Kruschat bemängelte auch, Junghanns habe mit den Eckpunkten keinen Maßnahmekatalog vorgelegt, wie die geplanten Emissionssenkungen erreicht werden sollen.
Junghanns hatte am Dienstag sogenannte Eckpunkte zur künftigen Energiepolitik in Brandenburg im Kabinett vorgestellt. Darin wird die ursprünglich von 1990 bis 2010 angestrebte Reduzierung der Kohlendioxidemissionen um 40 Prozent auf rund 54 Millionen Tonnen jährlich auf das Jahr 2020 verschoben. Als Hintergrund nannte Junghanns das Wirtschaftswachstum in Brandenburg.
Nach der noch gültigen Energiestrategie sollten bis zum Jahr 2010 die CO2-Emissionen auf 53 Millionen Tonnen abgesenkt werden (1990: 91 Millionen Tonnen).
Die SPD-Landtagsfraktion setzt vor allem auf Energieeinsparung. Für eine bessere Energieeffizienz seien beispielsweise Niedrigenergiehäuser, Wärmedämmung und moderne Heizsysteme notwendig. „Das muss in den Vordergrund“, betonte die die energie- und technologiepolitische Sprecherin Barbara Hackenschmidt gestern in Potsdam. Die am Dienstag von Junghanns vorgelegten Eckpunkte zur Energiestrategie 2020 seien eine „ordentliche“ Grundlage.
Hackenschmidt verwies darauf, dass Brandenburg beim Einsatz regenerativer Energien bundesweit Spitzenreiter sei.
Nach Ansicht des wirtschaftspolitischen Sprechers der Linkespartei, Ralf Christoffers, könnten sich ohne einen Teilplan zu nachwachsenden Rohstoffen und Biomasse Nutzungskonflikte vertiefen. Dies würde zu Fehlentwicklungen in der Landnutzung und in der Investitionspolitik führen, betonte er. Derartige Planungen gebe es bereits für die Windkraft.
Junghanns hätte laut Landtagsbeschluss bis zum Jahresende eigentlich eine fertige Energiestrategie vorlegen müssen – dies aber nicht geschafft. Die nun vorgelegten Eckpunkte dieser fälligen Strategie sollen nun im Landtag und mit Verbänden diskutiert werden. Bis Anfang März soll dann aus den Eckpunkten und Diskussionsergebnissen eine Strategie formuliert werden. Peter Tiede, Peter Jähnel
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: