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Auf Verbrecherjagd. Die Polizeiwagen in Brandenburg sind meist schön neu, die Funkgeräte meist  wie bundesweit fast überall  völlig veraltet und nicht abhörsicher.

© dpa

Von Alexander Fröhlich: Digitales Funkloch

Die Einführung des Digitalfunks für Polizei und Feuerwehr in Brandenburg verzögert sich / Kommunen befürchten zu hohen Kosten

Stand:

Potsdam - Die Einführung des Digitalfunks für Feuerwehr und Polizei im Land Brandenburg verzögert sich wegen technischer Mängel noch weiter. Kritik kommt nun aus den Kommunen an der Landesregierung wegen spärlicher Informationen und weil die Finanzierung der Geräte bislang völlig unklar ist. Bereits seit mehreren Jahren liegen die Pläne auf dem Tisch, bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 sollten die Ordnungs- und Rettungskräfte schon den neuen Digitalfunk nutzen. Daraus wurde nichts, die Technik ist noch nicht ausgereift – der herkömmliche, analoge Funk aber veraltet, nicht abhörsicher und bundesweit uneinheitlich. Zum Problem wird das bei Rettungs- und Polizeieinsätzen über Ländergrenzen hinweg. Abhilfe sollte der Digitalfunk schaffen.

Doch nun wird das gesamte Projekt zur Farce: Es gibt bundesweit keine zertifizierten Endgeräte am Markt. Wann die Sicherheits- und Ordnungsbehörden mit Digitaltechnik ausgestattet werden können, ist so völlig unklar. Für Brandenburg sollte die Anschaffung der Funkgeräte Ende vergangenen Jahres ausgeschrieben werden, nun ist sie auf Mitte dieses Jahres verschoben worden. Städte und Gemeinden hatten bereits seit 2008 trotz fehlender Gesetzeslage vorsorglich Gelder dafür in ihre Etats eingeplant. Allein in Neuruppin sind es zum Beispiel 60 000 bis 80 000 Euro. Die Stadt Oranienburg rechnet mit Kosten von insgesamt 90 000 Euro.

„Dabei ist nicht mal klar, wie die Gesamtfinanzierung überhaupt laufen soll“, kritisiert der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg, Karl-Ludwig Böttcher, gegenüber den PNN. „Das Innenministerium würde gern, dass die Gemeinden die Endgeräte bezahlen. Dabei kennen wir die Preise für die Geräte noch nicht einmal. Das wird ein teures Unterfangen.“ Besonders finanzschwache Kommunen könnten das für Wehren und Rettungskräfte kaum leisten. Insgesamt 15 Millionen Euro sind bislang offiziell veranschlagt. Noch im Februar will Böttcher mit dem Innenministerium verhandeln, denn das Land habe bislang lediglich die Kosten für das Funknetz übernehmen wollen – und stattet natürlich auch die Polizei aus.

„Die Messen sind aber noch nicht gesungen“, betont Böttcher. Inzwischen scheint das Innenministerium von seiner Haltung abzurücken und sendet weniger ablehnende Signale: Welche Kosten die Kommunen zu tragen hätten, sei noch nicht abschließend geklärt, sagt Ministeriumssprecher Geert Piorkowski. Zwar gehöre es zum langjährigen Grundverständnis in Bund und Ländern, dass die jeweiligen Behörden ihre neuen Funkgeräte selbst bezahlen. Doch einzelne Länder wichen inzwischen von dieser Regelung ab – von Zuschüssen für die Häfte der Kosten bis hin zur Gesamtfinanzierung.

Daran will sich offensichtlich auch die Landesregierung in Potsdam orientieren. Obwohl keine Gelder im Haushalt für die Funkanlagen der Kommunen vorgesehen sind, sagt Piorkowski: „Momentan wird seitens des Innenministeriums ein Modell favorisiert, wonach die Kommunen bei der Beschaffung der Funkgeräte der Feuerwehren maßgeblich seitens des Landes unterstützt werden sollen.“ Festlegen will sich das Ministerium aber nicht.

Überhaupt, beschwichtigt die Behörde, dränge die Zeit nicht für die sogenannten BOS (Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben). Für Brandenburgs Polizei werde der Digitalfunk Ende 2010 eingeführt. Feuerwehren wären erst ab Mitte 2011 dran. Daher bestehe „kein zwingender Anlass, das Beschaffungsverfahren des Landes“ über mehrere zehntausende Geräte zu starten. Auch Kommunen könnten sich beteiligen. Die Beteiligung der Kommunen an der Beschaffung fordert die Finanzchefin der Stadt Oranienburg, Kerstin Faßmann. Mit einer Sammelbestellung – wie etwa bei Fahrzeugen – könnten die Kommunen sparen. Für den Digitalfunk aber sei das noch nicht absehbar. Nach bisherigem Stand müsse die Stadt Oranienburg die neuen Geräte selbst bestellen – ohne Mengenrabatt. „Wir sind überhaupt nicht glücklich, dass wir das zahlen müssen“, so Faßmann. Die Finanzchefin kritisiert: „Es gibt keine formalen Informationen über die Vorgehensweise.“ Die geplanten 90 000 Euro für Oranienburgs Feuerwehren seien eine Menge Geld, genau „zehn Prozent der Subventionen für das Schulessen. Die könnten wir zusätzlich haben“.

Das Land könne zumindest die Stützpunktfeuerwehren fördern, fordert die Stadträtin, denn die seien für „überörtliche Sonderaufgaben“ zuständig. Tatsächlich sind laut Städtebund zwei Drittel der Einsätze gar kein kommunaler Brandschutz mehr, sondern technische Hilfe wie bei Verkehrsunfällen auf Bundes- und Landstraßen. „Da ist das Land in der Pflicht“, so Böttcher. Schließlich gehe es auch um eine landeshoheitliche Aufgabe, den Katastrophenschutz.

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