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Von Susann Fischer: „Diskriminierung“ in der Landwirtschaft Parlament und Landesregierung kritisieren

die Kürzung von Agrarsubventionen

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Potsdam - Einhellig haben Parlament und Landesregierung die geplanten Kürzungen der EU-Agrarsubventionen kritisiert. Der Beschluss der EU bedeute einen Paradigmenwechsel, betonte Agrarminister Dietmar Woidke (SPD) am Donnerstag im Potsdamer Landtag. Erstmals in der europäischen Geschichte komme es zu einer „größenabhängigen Diskriminierung“. So erhielten größere Agrarbetriebe künftig deutlich weniger Geld.

Dabei werde Ostdeutschland überproportional belastet, denn dort seien fast alle großen Landwirtschaftsunternehmen angesiedelt. Von den bundesweit knapp 1800 Großbetrieben seien allein 371 in Brandenburg ansässig.

Diese Betriebe bearbeiten nach Angaben von Woidke 50 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche und beschäftigen 40 Prozent der Mitarbeiter in der Landwirtschaft. Das bedeute, dass in Brandenburg rund 10 000 Menschen direkt von den Subventionskürzungen betroffen seien. Durchschnittlich stünden jedem Großbetrieb zwischen 2009 und 2013 145 000 Euro weniger zur Verfügung.

Woidke betonte, das Land werde versuchen, die Betriebe stärker zu unterstützen. So sollten Investitionen noch besser gestützt und die Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete erhöht werden. Zudem werde das Land die nach der Kürzung der Direktzahlungen vorgesehenen zusätzlichen EU-Mittel für Umweltprojekte in der Landwirtschaft kofinanzieren. Dafür seien allein zwei Millionen Euro pro Jahr nötig.

Der Minister fügte hinzu, die Agrarbetriebe seien verlässliche Faktoren im ländlichen Raum. Allein 2008 hätten sie zwischen 80 und 100 Millionen investiert. Auch die Agrarexperten der Fraktionen forderten einen Ausgleich.

Der SPD-Abgeordnete und Brandenburger Bauernpräsident Udo Folgart betonte: „Wir müsse Programme stricken, die die Gelder zurückbringen.“ Der EU-Beschluss zu den Agrarsubventionen sei ein „Destabilisierungsprogramm“, das mit dem bisherigen Prinzip der Gleichbehandlung der Unternehmen breche.

In Brandenburg seien alle Betriebe mit Flächen von mehr als 17 Hektar überproportional betroffen, sagte Folgart. Die neue Regelung koste die märkischen Betriebe zwischen 2009 und 2013 insgesamt 87 Millionen Euro, davon allein 21,7 Millionen Euro im Jahr 2012.

Zugleich seien die Erlöse für Getreide oder Ölfrüchte in diesem Jahr erneut kräftig gesunken. Die Landwirte beklagten Mindereinnahmen von 50 bis 100 Prozent. Außerdem gebe es weiterhin keinen funktionierenden Milchmarkt.

Nach Angaben von CDU-Agrarexperte Dieter Helm fehlen den betroffenen Betrieben künftig 25 Euro je Hektar und Jahr. Die neue Regelung treffe fast ausschließlich ostdeutsche Unternehmen. Lediglich 39 betroffene Betriebe lägen im Westen Deutschlands. Diese Ungleichbehandlung von Unternehmen sei ein „agrarpolitischer Sündenfall“ und laufe konträr zu den eigentlichen Zielen der EU.

Auch Linke-Expertin Kornelia Wehland betonte: „Erstmals werden durch EU-Agrarbeschlüsse Landwirtschaftsbetriebe wegen ihrer Größe ungleich und damit ungerecht behandelt.“ Vor dem Hintergrund der besonderen Belastung der Unternehmen in den neuen Ländern sprach Wehland von einer „Lex Ost“. Dabei seien die ostdeutschen Betriebe bereits durch die 2005 bundesweit eingeführte Agrardieselsteuer besonders belastet. Diese unzeitgemäße Entscheidung müsse zurückgenommen werden. Dann könnten die Ausfälle durch den EU-Agrarbeschluss kompensiert werden.

Susann Fischer

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