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Brandenburg: Durch Brandenburg knattern

Von Berlin aus führt die Oldtimerrallye „Avus Classic“ am Wochenende zwei Tage durch die Mark

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Berlin - Heidi Hetzer weiß an diesem Freitag nicht so recht, wohin mit den Gefühlen. Einerseits soll an ihrem kürzlich verkauften Autohaus in Berlin-Charlottenburg das in lichter Höhe angebrachte Werbefahrzeug nach Jahrzehnten abmontiert werden. Andererseits hat sie einen wunderbar knatternden Opel Baujahr 1928 „unterm Hintern“, wie sie in ihrer burschikosen Art sagt. Der Wagen soll sie bei der 2. ADAC-Rallye „Avus Classic“ zwei Tage lang durch Brandenburg chauffieren. „Ich werde mich wohl voll auf die Fahrt konzentrieren. Das lenkt ab“, sagt Hetzer, der bei der Erinnerung an die altersbedingte Trennung von ihrer Firma ein paar Tränen kullern. Noch einmal prüft die 75-jährige West-Berliner Automobil-Legende alle Funktionen ihres grünen 4,5-Liter-Cabrios mit dem beziehungsreichen Namen „Invicta“ (der Unbesiegbare). Dann setzt sie ihre zünftige Lederkappe auf, streift Lederhandschuhe über und schwingt sich hinters Holz-Lenkrad.

Am großen Kühlereinlass prangt die Startnummer 7. Ihre Beifahrerin ist Moderatorin Lina van de Mars. Die hübsche, großflächig tätowierte Journalistin und KfZ-Mechanikerin bewegt sich mit der Chauffeurin auf Augenhöhe. Wie Hetzer schraubt sie, so lange sie denken kann, an Fahrzeugen herum und nimmt regelmäßig an Rennen teil. Privat steuert van de Mars eine „alte Corvette“ durch die Gegend. Demnächst wird sie bei der Oldtimer-Tour Hamburg-Berlin-Klassik am Steuer sitzen.

Das Duo tritt an diesem Tag gegen rund 200 weitere Fahrer an. Mit insgesamt 120 alten und historischen Fahrzeugen wollen die Automobilfans quer durch Brandenburg dröhnen - am Freitag zunächst in Richtung Süden bis Krausnick und dem Freizeitpark „Tropical Island“, wobei eine Mittagspause in Glashütte eingelegt wird. Eine große Rast soll es auf dem Flugplatz Schönhagen geben.

Am Samstag geht es gen Norden. Der Tross bewegt sich zunächst zum Olympischen Dorf von 1936 in Elstal. Dort steht eine erste Wertungsprüfung an. Dann geht es weiter über Buskow nach Neuruppin. Von da in großem Bogen nach Nietwerder, Gut Hesterberg, Kremmen, Velten und Falkensee.

Unter den Oldtimern sind so seltene Fahrzeuge wie ein creme-schwarzes Mercedes-Cabriolet, Baujahr 1936, ein grasgrüner Käfer mit „Brezelfenster“ am Heck von 1951 oder auch ein Citroen Rosalie von 1933. Manchmal sitzen Prominente am Steuer wie Hetzer und ihre Sozia, häufig sind es jedoch „einfache“ Autofans, die ihr „Schätzchen“, wenn sie denn nicht schrauben und polieren, in der Garage stehen haben.

Auch ehemalige Profis wie der Rallye-Weltmeister von 1986 (auf VW), Peter Diekmann, sind mit von der Partie. Sie alle eint die Freude an schönen Autos mit Charakter. Start und Ziel der Tour sind an beiden Tagen in der ehemaligen Nordkurve der Avus, ebenso das Fahrerlager.

Hetzer, die inzwischen elf Oldtimer ihr Eigen nennt, kennt die legendäre Kurve noch aus eigenem Erleben: „Da bin ich in den Fünfzigern mit dem Motorrad drauf gefahren“, sagt sie und schwelgt in Erinnerungen an die damaligen Rennen. „Aber auch mit dem Goggomobil war ich dort unterwegs. Das war das einzige Goggomobil, was jemals durch die Nordkurve fuhr.“ Tatsächlich ist wohl kaum ein größerer Kontrast im Rennsport denkbar – das hutzelige Goggomobil, quasi der Trabi des Westens, auf der riesigen Rennkurve von 1937. Hetzer muss lachen, die Tränen sind verschwunden. Sie kuppelt durch und verschwindet mit einem gewagten Lenkmanöver im Oldtimer-Feld.

www.rallye-avus-classic.com

Torsten Hilscher

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