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Wohin mit den Windrädern? Um die Klimaschutzziele trotz des umstrittenen Festhaltens an der Braunkohlevertromung zu erreichen soll die installierte Leistung der Windkraft in den kommenden 16 Jahren auf 10 500 Megawatt steigen.

© Patrick Pleul/dpa

Brandenburg: Eigentor zur Halbzeit

Brandenburgs Regierungschef Woidke hält Windstrom für überfördert. Doch noch fehlen dem Land gut 5000 Megawatt Leistung

Von Matthias Matern

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Berlin/Potsdam - Noch hat Brandenburgs Landesregierung beim Thema Windkraft nicht einmal die Hälfte dessen erreicht, was sie sich vorgenommen hat, da hilft ausgerechnet der eigene Ministerpräsident dabei, das Ziel in noch weitere Ferne zu rücken. Um den ausufernden Strompreis in den Griff zu bekommen, wollen CDU und SPD in Berlin die Förderung beim Ökostrom umkrempeln. Besonders an den Kragen gehen soll es der Windenergie. „Dass es Überförderungen gibt, das kann man allein schon daran erkennen, dass teilweise mehrere Tausende Euro dafür bezahlt werden, dass ein Windrad irgendwo auf einen Acker aufgestellt werden kann. Wir müssen da genau hingucken, dass es nicht zu viel Geld gibt“, sagte Brandenburgs neuer Ministerpräsident Dietmar Woidke, der für die SPD bei den Koalitionsverhandlungen in der Energierunde sitzt, am Montag. Sowohl in der Landtagsopposition als auch in der Wirtschaft stieß die Äußerung auf wenig Verständnis.

Auf die Grundzüge zur künftigen Förderung der Windenergie hatte sich die Verhandlungsgruppe Energie bereits am Samstag verständigt, allerdings ohne Details zu nennnen. Die Ausbauziele für Windkraftanlagen vor der deutschen Küste sollen halbiert und die Förderung von Windrädern an Land deutlich gekürzt werden, hieß es lediglich. Am Montag trafen sich die beiden potenziellen Koalitionäre erneut in großer Runde. In der brandenburgischen Windenergiebranche spricht man nach PNN-Informationen von einer Katastrophe. Statt sich in Berlin als Topstandort der Windenergie zu profilieren, erweckt Woidke den Eindruck, als handele es sich beim Bau von Windrädern um Geldverschwendung.

Dabei spielt gerade der Ausbau der Windkraft eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung der Energiestrategie 2030, die die Landesregierung erst im vergangenen Jahr verabschiedet hat. Um die Klimaschutzziele trotz des umstrittenen Festhaltens an der Braunkohlevertromung zu erreichen soll die installierte Leistung der Windkraft in den kommenden 16 Jahren auf 10 500 Megawatt steigen. Zwar ist Brandenburg nach Niedersachsen in Deutschland Klassenprimus beim Ausbau, doch vom erklärten Ziel ist man noch meilenweit entfernt. Von den 10 500 Megawatt sind gerade einmal knapp 5000 Megawatt am Netz. Im vergangenen Jahr wurden 248 Megawatt neu installiert, 2011 waren es nur 181 Megawatt. Zudem fällt es Investoren aufgrund wachsender Proteste gegen die Verspargelung der Landschaft immer schwerer, geeignete Standorte für ihre Windparks zu finden. Erst drei der fünf Regionalen Planungsgemeinschaften des Landes haben es bisher geschafft, neue Windeignungsgebiete verbindlich auszuweisen.

Robert Döring, Sprecher des Anlagenbauers und -betreibers Enertrag aus Dauerthal (Uckermark), geht von fünf Milliarden Euro aus, die noch investiert werden müssten, um die Ausbauziele des Landes zu erreichen. „Die Windenergie an Land ist mit Abstand die preiswerteste Form der Ernergieerzeugung aus erneuerbaren Energien. Vor diesem Hintergrund geht Enertrag davon aus, dass der Ausbaupfad, wie er in der Energiestrategie 2030 niedergeschrieben wurde, weiterverfolgt wird“, betonte Döring am Montag. Derzeit gebe es einen begrüßenswerten Wettbewerb der Bundesländer, sich als guter Standort für Windenergie zu empfehlen. „Es geht darum, wie viel will man vom Kuchen abhaben.“ Gerade an den Binnenstandorten, wo wegen Nutzungskonflikten nicht immer nur die windsichersten Standorte zur Verfügung stehen, sei eine Förderung „ganz wichtig“, sagte der Vorsitzende des Bundesverbandes Windenergie in Brandenburg, Jan Hinrich Glahr. Wenn es nicht gelingt, solche Standorte zu erschließen, sind die Ziele der Landesregierung durchaus gefährdet.“

Die brandenburgische Bundestagsabgeordnete der Grünen, Annalena Baerbock, warf Woidke am Montag vor, „ein Bremser der Energiewende“ zu sein. Er betreibe einseitigen Braunkohle-Lobbyismus auf Bundesebene und schade dem Land, so Baerbock. Der Umweltexperte der FDP-Fraktion in Brandenburg, Gregor Beyer, empfahl Woidke einen Blick in die eigene Energiestrategie. Dessen Position zur Windkraft sei vermutlich auch der Tatsache geschuldet, dass die Landesregierung die Regionalplanung einfach nicht in den Griff bekomme. Matthias Matern

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