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Brandenburg: Ein Fest für Milchschäferinnen
Franziska und Amelie Wetzlar hoffen, dass der Bundestag die Ehe für alle freigibt und die Benachteiligung homosexueller Partnerschaften endet
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Quappendorf/Berlin - Der Sekt ist bei Franziska und Amelie Wetzlar schon kaltgestellt und die Regenbogenfahne liegt parat. Gespannt wollen die Milchschäferinnen aus dem Oderbruch die Bundestagsabstimmung über die „Ehe für alle“ am Freitag im Radio verfolgen. „Es wäre für mich und meine Frau ein Herzenswunsch, mit anderen Paaren juristisch gleichgestellt zu werden“, erklärt die studierte Soziologin Franziska Wetzlar.
Seit 2009 ist die 40-Jährige mit ihrer zwei Jahre jüngeren Frau Amelie schon verpartnert. „Es war bei uns Liebe auf den ersten Blick“, sagt die 40-Jährige. Dass sie zusammen sein und eine Familie gründen wollten, stand nie außer Frage. „Wir haben zwei Kinder. Ich war deshalb sehr froh, dass ich mit Amelie eine eingetragene Lebensgemeinschaft eingehen konnte“, erinnert sich Franziska. Diskriminiert habe sie sich deswegen nicht gefühlt, weil ein paar Jahre zuvor auch dieser Weg versperrt war.
Beide Frauen haben sich in Quappendorf (Märkisch-Oderland) eine Existenz als Schäferinnen mit 60 Milchschafen und eigener Hofkäserei aufgebaut. Pro Jahr erzeugen sie 10 000 Liter Schafsmilch, aus denen sie Käse, Joghurt und Quark herstellen. Über ihren Hofladen vertreiben sie alles. Aus ihrer Beziehung haben sie in ihrem Dorf nie ein Hehl gemacht.
„Ich habe Amelie immer als meine Frau vorgestellt und die Leute haben uns akzeptiert“, sagt Franziska Wetzlar. Wenn sich der Bundestag heute zur „Ehe für alle“ bekennen sollte, sei das auch für sie beide ein großer Schritt. „Das wäre ein offizielles Zeichen dafür, dass Liebe auch in Deutschland keinen Unterschied zwischen homo- und heterosexuell macht“, betont die Soziologin. „Auch für Leute, die Kinder adoptieren wollen, ist durch die Ehe die rechtliche Diskriminierung endlich beendet“, so Franziska Wetzlar.
„’Die Ehe für alle’ kommt, wenn auch 25 Jahre zu spät“, freut sich Jörg Steinert, Landesgeschäftsführer des Berliner Lesben- und Schwulenverbands. Schon vor 25 Jahren beantragten 250 homosexuelle Paare bundesweit auf Standesämtern das Aufgebot. Mit der „Aktion Standesamt“ wehrten sie sich zum ersten Mal gegen das Eheverbot für Lesben und Schwule in Deutschland.
Franziska und Amelie Wetzlar sind zuversichtlich, dass am Freitag eine breite Mehrheit dem Vorstoß zustimmt. „Ich fände es erschreckend, wenn er keine Mehrheit im Bundestag finden würde“, unterstreicht die 40-Jährige. Rechtzeitig vor der Abstimmung wollen die Frauen im Oderbruch die Regenbogenfahne hissen. „Wenn es grünes Licht gibt, werden wir die Ehe beantragen“, sagte Amelie Wetzlar. Unklar sei aber, ob sie nochmals eine Zeremonie vornehmen werden. „Eine Feier gibt es aber auf jeden Fall“, sagen die Frauen.
Dem Bundestag liegen bereits seit Längerem drei Gesetzentwürfe für die uneingeschränkte Homo-Ehe vor - von Linken, Grünen und vom Bundesrat. Eine Entscheidung wurde aber immer wieder vertagt. Über den Antrag der Länderkammer soll nun abgestimmt werden. Schon seit Jahren gibt es Gezerre um das Thema. Nun gewann die Debatte an Tempo, nachdem Kanzlerin Angela Merkel am Montag überraschend vom klaren Nein der CDU in der Frage abgerückt war. Die SPD nahm das zum Anlass, eine schnelle Parlamentsabstimmung durchzusetzen – und die Union damit drei Monate vor der Bundestagswahl in die Enge zu treiben. Georg-Stefan Russew
Georg-Stefan Russew
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