Brandenburg: Ein Gruselkabinett exotischer Tiere
Kampf um Artenschutz: Zöllner Böhm zieht unerlaubt eingeführte Mitbringsel aus dem Verkehr
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Kampf um Artenschutz: Zöllner Böhm zieht unerlaubt eingeführte Mitbringsel aus dem Verkehr Von Michael Friedrich Berlin. Wenn Zöllner Christian Böhm am Flughafen gerufen wird, dreht es sich meist nicht um Zigaretten und Schnaps. Böhm ist zuständig für die Einhaltung des Washingtoner Artenschutzabkommens. Seit 1987 kämpft der 42-Jährige in Berlin-Tegel und gelegentlich in Schönefeld auf seine Art gegen das weltweite Artensterben. Er zieht von Touristen unerlaubt eingeführte Mitbringsel aus dem Verkehr, für die exotische Tiere und Pflanzen ihr Leben lassen mussten. Besonders zu Reisezeiten in warme Gefilde hat er Konjunktur. Gleich neben seinem Büro liegen in seinem „Gruselkabinett“ exotische, tote Tiere: Eine Vogelspinne aus Südamerika steht in den Regalen neben bunt-schillernden Faltern aus Thailand. Schlangenledergürtel aus Indonesien und Krokodil-Handtaschen aus Kamerun liegen neben Päckchen mit chinesischen Schriftzeichen. Sie enthalten Präparate aus Bärengalle „zur Reinigung des Blutes“ und Rheuma-Pflaster mit Tigerknochen-Extrakt. Grundlage für Böhms Arbeit ist das mittlerweile von mehr als 150 Staaten unterzeichnete Washingtoner Artenschutzabkommen von 1973. Es enthält nach Angaben des Bundesfinanzministeriums rund 40.000 Pflanzen- und 8000 Tierarten. Viele davon sind von Ausrottung bedroht und daher mit einem gänzlichen Handelsverbot geschützt. Alle anderen Arten sind gefährdet und dürfen nur kontrolliert gehandelt werden. Wie er geschützte Arten erkennt, ist weitgehend Böhms eigene Angelegenheit. „Man kriegt vom Ministerium Grundlehrgänge, das meiste habe ich mir aber selbst angelesen.“ Im seinem Zimmer steht ein Bücherregal mit Titeln wie „Vogelspinnen“, „Produkte der traditionellen chinesischen Medizin“ und eine zwölfbändige Ausgabe von Grzimeks Tierleben - alles privat angeschafft. Mittlerweile habe er Übung, sagt Böhm. „Reptilien, Pelze und Muscheln sind kein Problem.“ In kniffligen Fällen hole er sich Rat, zum Beispiel im Zoologischen Garten. So genannte Artenschutzbeauftragte wie Böhm gibt es in Deutschland nur noch in Frankfurt am Main und München. Bei gelegentlichen Problemen in Schönefeld hilft Böhm. Meist würden nur Produkte von toten Tieren entdeckt, sagt Böhm. „Wir haben aber auch schon lebende Papageien, Schlangen, und sogar Vogelspinnen gefunden.“ Aufsehen erregende Funde gab es 2000 und 2001, als lebende Falken aus der Mongolei entdeckt wurden. Eingewickelt in Draht und mit Medikamenten ruhig gestellt waren sie in einen Koffer gepfercht. Die Tiere waren irrtümlich nach Deutschland gelang und eigentlich für die Vereinigten Arabischen Emirate bestimmt. Sie „sollten dort wohl an irgendwelche Scheichs verkauft werden“, schimpft Böhm. In solchen Fällen ist auch bei dem geduldig wirkenden Zollbeamten die Grenze erreicht. „Das ist schwer kriminell.“ Lebende Falken seien aber die Ausnahme, sagt Böhm. „Der Großteil der Leute sind Touristen, die sich während des Urlaubs ein Reisemitbringsel kaufen.“ Sensibilisiert seien die meisten Menschen nur für bekannte Tierarten wie Raubkatzen oder Elefanten. „Bei der hübschen Korallen-Kette wird niemand stutzig.“ Das böse Erwachen kann dann bei der Ankunft zu Hause folgen. Wer mit Produkten aus geschützten Tieren erwischt wird, dem drohen empfindliche Strafen. Je nach Schutz-Status können Ordnungsgelder von mehreren hundert Euro fällig werden. Produkte vom Aussterben bedrohter Arten einzuführen, gilt sogar als Straftatbestand. Dann fällt die Geldstrafe deutlich höher aus. Im Extremfall drohen Haftstrafen, allerdings nur gewerblichen Schmugglern. Wie die Stücke erworben wurden, spielt keine Rolle. Pro Jahr bearbeiten die Zöllner in Tegel rund 100 bis 120 Verstöße gegen das Artenschutzabkommen. „Die Dunkelziffer ist aber riesig.“ Manchmal, sagt Böhm, komme er sich vor wie Don Quichote, der gegen die Windmühlen kämpft. „Hoffnung hab'' ich natürlich, allein der Glaube an die Vernunft der Menschen fehlt.“ Das größte Problem sei allerdings die Armut in den Herkunftsländern. „Die Leute dort ernähren ihre Familien. Dafür kann man sie nicht verdammen. Die Gesamtmaßnahme kann nur sein, die Armut in den Ländern zu bekämpfen.“ Weiteres im Internet: www.bfn.de/04/0401.htm
Michael Friedrich
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