Von Thorsten Metzner: Ein Kreuz mit dem Kreuz
Vorstoß des Linke-Abgeordneten Peer Jürgens gegen Ausschüsse unterm Christus-Kreuz sorgt für Wirbel im Landtag
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Potsdam - Der „Kruzifix-Streit“ in Brandenburgs Parlament sorgt für Wirbel. Die Forderung des Linke-Abgeordneten Peer Jürgens, das Christus-Kreuz im CDU-Sitzungsraum bei Ausschusssitzungen abzuhängen, was die Union strikt ablehnt, sorgte am Dienstag für Debatten. Parlamentspräsident Gunther Fritsch (SPD), der von einem „entbehrlichen Streit“ sprach, mahnte Toleranz an. „Ich würde es begrüßen, wenn Abgeordnete untereinander Toleranz aufbringen, ob im Raum ein Kreuz hängt oder einer eine Kippa trägt“, sagte Fritsch den PNN. Er fügte mit Blick auf das einschlägige Kurzifix-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes einschränkend hinzu. Dies sei seine „persönliche Auffassung“, „ungeachtet einer möglich anders ausfallenden juristischen Bewertung“. Karlsruhe hatte die Pflicht-Kruzifixe in bayerischen Schulen als Verstoß gegen die weltanschauliche Neutralitätspflicht des Staates und damit für grundgesetzwidrig erklärt. Das heißt, in dem Moment, wenn sich jemand daran stößt, müssen sie abgehängt werden. Mit dieser Argumentation drängt Jürgens, 30-jähriger Linke-Abgeordneter jüdischen Glaubens, auf das Abnehmen des Kreuzes bei Ausschusssitzungen im CDU-Raum.
„Das Kreuz bleibt dran“, sagte dagegen Fraktionschefin Saskia Ludwig. Schließlich herrsche in Deutschland „Religionsfreiheit“. Die Union werde das Kreuz auch in den neuen Landtag auf dem Alten Markt in Potsdam mitnehmen. Der parlamentarische CDU-Geschäftsführer Ingo Senftleben ergänzte, dass die Hausordnung des Landtages lediglich vorsehe, dass in Landtagsräumen keine Parteienwerbung gezeigt werden dürfe. Im Übrigen sei der Raum eigentlich baupolizeilich gesperrt. „Das Kreuz hat geholfen, das bislang nichts passiert ist.“
Das Ansinnen von Jürgens, der sich damit schriftlich an das Landtagspräsidium wenden will, ist selbst in der eigenen Partei nicht unumstritten. „Ich verstehe seine Forderung“, sagte Linke-Fraktionschefin Kerstin Kaiser. Sie persönlich habe an Veranstaltungen unterm Kreuz im CDU-Raum teilgenommen, „ich konnte es akzeptieren.“ Mit „Kopfschütteln und absolutem Unverständnis“ reagierte dagegen der Linke-Landtagsabgeordnete Jürgen Maresch auf den Vorstoß gegen das Kreuz. „Ich habe damit kein Problem“. Er selbst „habe spät zum evangelischen Glauben gefunden“, erklärte Maresch. „Ja - ich glaube an Gott. Dies vor allem aus meiner persönlichen Weltsicht und aus meinen persönlichen Erfahrungen.“ Als Eltern eines schwerstbehinderten Sohnes, die Unterstützung „nur von der Kirche“ erhalten hätten, haben „wir als Familie hier Halt gefunden.“ Er habe israelische Freunde, die wie er Polizisten seien. „Ich habe denen von Peer Jürgens und seinen Problemen mit dem Kreuz erzählt“. Diese hätten „nur mit dem Kopf geschüttelt“, Politiker „sollten Politik für die Menschen machen.“ Ähnlich argumentiert FDP-Fraktionschef Andreas Büttner: „Es ist eine völlig unsinnige Diskussion, ein Treppenwitz.“ Er habe persönlich nicht einmal ansatzweise ein „Problem mit der Kippa von Herrn Jürgens, und erst Recht nicht mit dem Kreuz im CDU-Fraktionssaal.“
Die Grünen dagegen plädierten dafür, das Thema „niedriger zu hängen“, „keinen Kulturkampf zu führen“, „pragmatische Lösungen“ zu finden, wie es Fraktionschef Axel Vogel ausdrückte. Es sei möglich, im Falle einer unmittelbaren Betroffenheitsanzeige wie von Jürgens einen anderen Raum für Sitzungen von Ausschüssen zu nutzen. Oder man ermögliche, sagte Vogel, „dass Herr Jürgens einen Davidstern, oder ein anderer einen Halbmond neben das Kreuz hängt, dann sind alle Religionen vertreten.“
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