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Brandenburg: Ein Landrat übt sich im Straßenkampf

Der Landkreis Prignitz legt heute für kurze Zeit eine Bundesstraße lahm und fordert vom Bund eine Übernahme der Ortsumgehung

Von Matthias Matern

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Falkenhagen/Berlin - Bis zu 4000 Fahrzeuge nutzen die Ortsumfahrung von Falkenhagen täglich. Seit 1997 wird der Verkehr der Bundesstraße 103 auf dieser Route an der kleinen Prignitzstadt vorbeigeführt. Doch wer für die rund 1,5 Kilometer Strecke zuständig ist, darüber wird seit 15 Jahren heftig gestritten. Weil der Bund bislang einer Umwidmung des Abschnitts in eine Bundesstraße nicht zugestimmt hat, gilt die Umfahrung nach wie vor als Privatstraße des Landkreises Prignitz. Nun will Landrat Hans Lange (CDU) die Daumenschrauben anziehen: Am heutigen Dienstag will er die Umfahrung unter dem Motto „Herr Minister, wann bezahlen Sie Ihre Bundesstraße?“ ab 12 Uhr mittags für rund 20 Minuten sperren lassen. Sollte dies den Bund nicht zum Einlenken bewegen, würden weitere Aktionen geplant, möglicherweise die Straße sogar für immer gesperrt, drohte Lange am Montag.

Die heutige Aktion soll nach Vorstellungen des Landrats aber nur ein erstes kleines, aber trotzdem schmerzhaftes Signal sein. „Wir sperren nur so lange, dass es sich eigentlich nicht lohnt, eine Alternativroute zu suchen. Große Probleme machen wollen wir aber nicht. Es geht uns um ein Achtungszeichzen“, erklärte Lange. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) müsse endlich einer Umwidmung zustimmen, so der Prignitz-Landrat. Der aktuelle Zustand sei aus seiner Sicht nicht mehr länger zumutbar. Dem Kreis entstünden alleine für den Winterdienst auf der Umfahrung Jahr für Jahr Kosten zwischen 3000 und 8000 Euro. Zudem müsse die Fahrbahn jetzt umfangreich saniert werden, gab Hans Lange zu bedenken. Die Kosten dafür schätzt der Kreis auf etwa 130 000 Euro. Unter Berücksichtigung der angespannten Haushaltssituation und im Hinblick auf den künftigen Investitionsbedarf müsse der Landkreis sogar ernsthaft in Erwägung ziehen, die Privatstraße für den laufenden Verkehr generell zu schließen, erklärte der Verwaltungschef. Damit wäre die B 103 künftig in zwei Teile getrennt, da es die alte Route durch den Stadtkern von Falkenhagen nicht mehr gibt. Die Bundesstraße 103 verbindet auf insgesamt rund 160 Kilometern das Ostseebad Warnemünde und die Stadt Kyritz im Kreis Ostprignitz-Ruppin. Unter anderem führt sie durch Güstrow, Plau am See und Neustrelitz in Mecklenburg-Vorpommern sowie an Meyenburg und Pritzwalk in der Prignitz vorbei.

Zurückhaben will Lange auch die knapp sieben Millionen Euro, die die Planung und der Bau der Falkenhagener Umgehungsstraße Ende der 90er-Jahre gekostet hat. Erst im vergangenen Jahr war der Landkreis mit dem Versuch gescheitert, den Status der Umfahrung als Bundesstraße gerichtlich zu erzwingen. Um der Unterhaltslast zu entgehen, könne der Kreis ja den öffentlichen Verkehr unterbinden, hieß es seitens des Gerichts. Mittlerweile beschäftigt der Fall auch das Oberverwaltungsgericht. Genau genommen hat sich der Landkreis die mittlerweile verfahrenen Situation aber selbst zuzuschreiben. Teil der heutigen Umfahrung ist eine Straße, die der Kreis Anfang der 90er-Jahre zunächst als Erschließungsstraße für ein Gewerbegebiet bauen ließ. Der zweite Teil der Ortsumgehung wurde etwas später vom Land im Auftrag des Bundes gebaut. Zwar habe man sich damals für die Erschließungsstraße mit dem Bundesministerium abgestimmt, es aber versäumt, eine sogenannte öffentlich-rechtliche Vereinbarung zu schließen, die festlege, wer für die Kosten aufzukommen habe, räumte Landrat Lange am Montag ein. „Uns war das zu dieser Zeit einfach noch nicht so klar, dass wir so etwas vertraglich regeln müssen.“ Schließlich habe der Bund sogar die alte Führung der Bundesstraße 103 durch Falkenhagen selbst zurückbauen lassen. „Zudem ist die faktische Situation so, dass die Umfahrung seit ihrer Inbetriebnahme als Bundesstraße genutzt wird.“ Insofern gleiche die gegenwärtige Situation „einer Reise nach Absurdistan“. Landrat Lange will sich am heutigen Dienstag sogar selbst mit einem Protestplakat auf die Straße stellen.

Aus dem Bundesverkehrsministerium war am Montag bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu bekommen. Möglicherweise aber hat die Drohgebärde der Prignitzer Kreisverwaltung bereits Erfolg gehabt. Wie das brandenburgische Infrastrukturministerium, das für die Instandhaltung der Bundesstraßen auf Landesgebiet zuständig ist, aber keine Entscheidungshoheit hat, am späten Nachmittag mitteilte, sei der Landesbetrieb Straßenwesen angewiesen worden, ein Widmungsverfahren als Bundesstraße einzuleiten. „Der Bund hat signalisiert, dass er sich einen solchen Weg vorstellen könne“, sagte Jens-Uwe Schade, Sprecher des Landesinfrastrukturministeriums, den PNN. Ein solches Verfahren dauere in der Regel zwar eine gewisse Zeit, dafür aber sei damit die strittige Eigentumsfrage in absehbarer Zeit geklärt. Prignitz-Landrat Hans Lange war für eine Rückfrage nicht mehr zu erreichen.

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