
© Andreas Klaer
Von Matthias Matern, Brüssel: Ein Lob fürs Nord-Musterländle
Die EU zeichnet Brandenburg aus – ein schöner Tag auch für Ralf Christoffers
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Das Lob von EU-Regionalkommissar Johannes Hahn tat sichtbar gut: „Die Brandenburger verkaufen sich in Brüssel gut.“ Solch nette Dinge über sein Arbeitsgebiet wie am Montag bekommt der Gast aus Potsdam im Moment nur selten zu hören. Ralf Christoffers, erster Linke-Wirtschaftsminister im Land Brandenburg war der Kritik aus der eigenen Partei an seiner Kohle-Politik für einen Tag gen Brüssel entkommen. Statt Schelte gab es dort eine Auszeichnung.
Denn Brandenburg gilt zumindest nach Einschätzung der EU-Kommission in Brüssel europaweit als vorbildlich. Für beispielhafte Projekte eines nachhaltigen und zukunftsweisenden Wirtschaftswachstums wurden am Montag der britische Teilstaat Wales, das baltische Land Litauen und das Bundesland Brandenburg in der belgischen Hauptstadt von Kommissionspräsident José-Manuel Barroso als „Exzellenz-Regionen“ ausgezeichnet worden. „Gute Projekte gibt es viele, aber die Auszeichnung beweist, dass in Brandenburg auch die Gesamtlinie von der EU als passgenau eingeschätzt wird“, sagte dann ein sichtlich zufriedener Christoffers auf dem sogenannten EU-Kohäsionsforum.
Dort beraten die Mitgliedstaaten über die Ausgestaltung der künftigen Förderung für besonders strukturschwache Regionen ab 2014. Ziel der sogenannten Kohäsionspolitik ist eine insgesamt ausgeglichenere Entwicklung innerhalb der Gemeinschaft. Um rund 25 Prozent sei das durchschnittliche Bruttoinlandsprodukt der EU seit 2006 dank der Kohäsionspolitik gestiegen, meinte Barroso gestern. In zwei Jahren jedoch geht die aktuelle siebenjährige Förderperiode zu Ende. Brandenburg wird dann wegen seiner guten wirtschaftlichen Entwicklung nicht mehr zu den Höchstfördergebieten zählen und deutlich weniger Geld erhalten als bisher.
Bereits Ende vergangenen Jahres hatte Christoffers deshalb angekündigt, in Brüssel für eine geeignete Übergangsregelung zu werben. Auszeichnungen, wie die als „Exzellenz-Region“, seien dabei hilfreich, da sie beweisen würden, dass Brandenburg „verantwortungsvoll und innovativ“ mit den Fördermitteln umgeht, meinte der Minister. Bereits 2010 wählte der EU-Ausschuss der Regionen das Land Brandenburg zur „Unternehmer-Region 2011“.
Insgesamt drei EU-geförderte Projekte hat die Kommission als beispielgebend für die erfolgreiche Regionalförderung in Brandenburg hervorgehoben. Genannt etwa wurde das Telemedizin-Projekt der Firma Getemed aus Teltow (Potsdam-Mittelmark), das einen wichtigen Beitrag zur verbesserten medizinischen Versorgung im ländlichen Raum leisten soll. Dabei können sich Patienten mit chronischer Herzschwäche zu Hause an ein spezielles Analysegerät anschließen und ihre Daten an den Hausarzt, den zuständigen Facharzt sowie an das behandelnde Krankenhaus übermitteln. Auf Grundlage der Daten sollen schwere Anfälle bereits vorab erkannt und negativen Entwicklungen entgegen gesteuert werden. Die ambulante Betreuung soll lange Wege zum Arzt oder in die Klinik möglichst überflüssig machen. Das Projekt wurde mit rund 86 000 Euro durch Landes- und EU-Mittel unterstützt und soll auch in anderen Ländern zur Anwendung kommen.
Ebenfalls als vorbildlich wertete die Brüssler Kommission die bessere Vernetzung der Universität Potsdam mit mehreren Forschungsinstituten am Standort Potsdam-Golm, sowie ein Internetportal des Wirtschaftsministeriums zum EU-Förderprogramm Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE).
Während ihm zu Hause von seinen Genossen Kritik entgegenschlägt, bekam Christoffers in Brüssel, wo er für geeignete Übergangsregelungen für Ex-Höchstfördergebiete wie sein Brandenburg warb, so etwas wie Solidarität zu spüren. Ton van Lierop, Sprecher der Kommission für Regionalpolitik sagte, derzeit werde beraten, wie ein angemessener Übergang für diese Regionen erreicht werden könne. So war es ein schöner Tag für Brandenburg und seinen Wirtschaftsminister – zumindest in Brüssel.
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