Brandenburg: Ein neues Heim für kriminelle Kinder
Junge Täter aus Berlin sollen bald in der Uckermark eingesperrt werden können. Die Hauptstadt-Politik lobt das Konzept
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Berlin/Frostenwalde - In Brandenburg soll es bald ein eigenes Heim für kriminelle Kinder und Jugendliche aus Berlin geben. Der auf Jugendhilfe spezialisierte diakonische Träger EJF-Lazarus stellte gestern Details des geplanten Heimes in der Uckermark vor, in dem die jungen Täter auf richterlichen Beschluss zeitweise auch in ihrem Wohnkomplex eingesperrt werden können. EJF-LazarusVorstandvorsitzender Siegfried Dreusicke bezeichnet das Heim als „offene Einrichtung mit zeitweiliger Verschlussmöglichkeit“. Berlins Jugendsenator Jürgen Zöllner (SPD) sagte, er begrüße das Konzept, wonach in einer „grundsätzlich offenen Einrichtung Kinder in Krisensituationen vorübergehend daran gehindert werden können, davonzulaufen“. Zöllner sieht das Heim als ein offenes Haus mit erzieherischer Aufgabe, „im Gegensatz zu geschlossenen Einrichtungen, wo der Schwerpunkt auf baulicher Sicherung liegt“. Zöllner sagte, er habe im vergangenen Juli seine Verwaltung damit beauftragt, ein Konzept zur Verbesserung der Betreuung von gewaltbereiten Kindern und Jugendlichen in den bestehenden Einrichtungen vorzulegen. Anlass seien einzelne Fälle von Jugendlichen gewesen, die in den bestehenden Heimen nicht gehalten werden konnten.
Gestern sprachen zwar auch EJF-Lazarus-Vertreter vor der Presse zunächst von einem „geschlossenen Heim“, nahmen im Tagesverlauf diese Begrifflichkeit aber zurück. Einen rund um die Uhr verschlossenen Kinderknast wie in Hamburg soll es nämlich nicht geben. Vielmehr will EJF-Lazarus, das auch das abgelegene offene Heim Frostenwalde betreibt, in dem Heim mit acht Plätzen junge Täter nach richterlichem Beschluss in ihrer Wohneinheit zeitweise einschließen können. Die Bewohner sollen zwischen 12 und 16 Jahre alt sein, in der Regel wird die Verschlusszeit zwei Wochen bis sechs Monate betragen.
EJF zufolge wird damit 20 Jahre nach der Auflösung des letzten geschlossenen Heims in Berlin wieder eine „verbindlicheEinrichtung mit der Möglichkeit eines zeitweisen Verschlusses“ geschaffen. Die Entscheidung zur Eröffnung eines solchen Heims sei aufgrund von Nachfragen aus der Berliner Politik getroffen worden, sagte der Berliner Referent für Kinder- und Jugendhilfe bei EJF-Lazarus, Michael Piekara.
Der Neubau soll rund eine halbe Million Euro kosten, Berlins Jugendverwaltung prüft derzeit die finanzielle Unterstützung. Bis zu 15 Pädagogen, Therapeuten und Lehrer sollen dort arbeiten. Im neuen Heim soll es keine Mauern geben, aber hohe Zäune. Praktiziert wird der vorübergehende Einschluss schon jetzt im brandenburgischen Heim Hasenburg.
Die Berliner CDU-Fraktion begrüßte das Konzept „als Schritt in die richtige Richtung“, hin zu gänzlich geschlossenen Heimen. Die Arbeiterwohlfahrt kritisierte dagegen heftig, „schon Kinder einzusperren“.
Nach Angaben von Justizsenatorin Gisela von der Aue ist knapp die Hälfte aller 495 Intensivtäter derzeit im Heim oder im Gefängnis. Berliner Richter verurteilten jugendliche Täter seit Eröffnung der Intensivtäterabteilung deutlich öfter zu Freiheitsstrafen und setzen diese seltener zur Bewährung aus. Die meisten der zu 98 Prozent männlichen Täter sitzen in der Jugendstrafanstalt Berlin, die mittlerweile zu einem knappen Drittel nur mit Intensivtätern gefüllt ist. Über 50 der Serientäter sind derzeit in U-Haft, etwa ein Dutzend ist in Heimen untergebracht, in Berlin, Brandenburg und Thüringen. Für die sogenannte U-Haft-Vermeidung stehen Berlin 40 Plätze in Brandenburger Einrichtungen zur Verfügung.
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