Brandenburg: Ein Parteiloser entzweit die Linkspartei
Ex-Bundesrichter Neskovic will wieder für den Bundestag kandidieren – es gibt Widerstand
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Berlin - Es war absehbar, dass der im Juni auf dem Göttinger Bundesparteitag ausgerufene Friede der Linken brüchig wird, sobald es um die Aufstellung der Bundestagskandidaten geht. Ein Spitzenergebnis von 11,9 Prozent wie 2009 ist in weiter Ferne, auch von 16 Direktmandaten können die Genossen nicht mehr träumen. Um den einzigen parteilosen Abgeordneten in der 76-köpfigen Bundestagsfraktion, den früheren Bundesrichter Wolfgang Neskovic, eskaliert jetzt der erste Konflikt. Die Wiederaufstellung des 64-Jährigen im Wahlkreis Cottbus/Spree- Neiße, den er 2009 direkt gegen den SPD-Politiker Steffen Reiche gewann, ist hoch umstritten. Einen Auslöser für den Genossen-Streit lieferte Neskovic mit seinem Konzept für eine Stärkung des Verfassungsschutzes – gegen die Linie der Partei, die eine Auflösung des Inlandsgeheimdienstes fordert. Nicht nur Fraktionschef Gregor Gysi und Parlamentsgeschäftsführerin Dagmar Enkelmann gingen auf Distanz, sondern auch der brandenburgische Linken-Chef Stefan Ludwig: Neskovics Vorgehen sei „politisch verantwortungslos, weil es geeignet ist, die Partei öffentlich zu diskreditieren“. Neskovic wiederum unterstellte Ludwig „Diffamierungswillen“ und „politisches Mobbing“.
Ob sich an der Geheimdienst-Frage die Wiederaufstellung von Neskovic entscheidet, ist offen. Gysi bezweifelt, dass diese die Parteibasis in Brandenburg beeinflusse. Sicher scheint aber, dass es in den nächsten Wochen bei den Linken in Cottbus noch hoch hergeht. Die Kommunikation zwischen Kreisvorstand und Abgeordnetem gilt als „schwer gestört“, das gilt auch für sein Verhältnis zur Landespartei. Denn Neskovic hatte sich im Mai im Führungsstreit der Linken auf die Seite von Oskar Lafontaine geschlagen und den von den Ost-Linken favorisierten Realo Dietmar Bartsch die „Rhetorik eines langweiligen Sprechblasenfacharbeiters“ bescheinigt. Zudem profilierte sich Neskovic als Kohlegegner und kritisierte die Kompromisse der Linken in der rot-roten Landesregierung in dieser Frage.
Neskovic, früher Mitglied bei SPD und Grünen, sagt: „Zurzeit sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die gegen eine erneute Kandidatur sprechen.“ Allerdings hat auch die im Wahlkreis geachtete Landtagsabgeordnete Birgit Wöllert ihre Kandidatur angekündigt.
Neskovic holt in den nächsten Wochen Politprominenz in die Region: Parteichefin Katja Kipping und Parteivize Sahra Wagenknecht, Lebensgefährtin von Ex-Parteichef Lafontaine. Der Ex-Landesparteichef Thomas Nord, der 2009 in Frankfurt (Oder) den Wahlkreis holte, tut es auch: Er hat für den 17. November, den Tag der Nominierungsversammlung, Kipping und Lafontaine verpflichtet. Vier Direktmandate gewann die Linke 2009 in Brandenburg. Darauf kann diesmal wohl nur Enkelmann hoffen. Die designierte Chefin der Rosa- Luxemburg-Stiftung verzichtet auf die Absicherung über die Landesliste und will nur um den Wahlkreis kämpfen. Als Spitzenkandidatin im Land hat sich die Sozialpolitikerin Diana Golze ins Gespräch gebracht. Eine Wahlkreiskandidatur erhöht die Chance auf aussichtsreiche Plätze auf der Landesliste. Matthias Meisner (mit Axf)
Matthias Meisner (mit Axf)
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