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Brandenburg: „Ein schamloser Umgang“

Nach dem Ende des Untersuchungsausschusses zur Immobilienaffäre blockiert die SPD weiter

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Potsdam - Selbst nach dem Ende des Untersuchungsausschusses zur Immobilienaffäre um die frühere Landesfirma BBG versucht die SPD-Landtagsfraktion, belastende Erkenntnisse zu entschärfen und die Opposition mit deren Minderheitenvotum zu behindern. Nach dem Willen der Koalition sollen der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses und die Minderheitenvoten von CDU und Grüne einerseits und der FDP anderseits am heutigen Mittwoch im Internet veröffentlicht und dann auf der Plenarsitzung in der nächsten Woche debattiert werden. Dabei war etwas ganz anderes im Ausschuss vereinbart worden. Auf der Sitzung Mitte März hatte der Ausschussvorsitzende Sören Kosanke (SPD) das weitere Verfahren vorgestellt, es gab keinen Widerspruch. Demnach sollten der Abschlussbericht und die Sondervoten an Landtagspräsident Gunter Fritsch am gestrigen Dienstag übergeben werden. Im Anschluss, so war es vereinbart, sollte es eine Pressekonferenz zu den Ergebnissen geben. Davon ist keine Rede mehr. Kosanke brachte ein Exemplar des Abschlussberichtes am Dienstag ins Büro von Fritsch. Zeichen, dass er das vereinbarten Vorgehen nun umsetzen will, gab er nicht. Ganz im Gegenteil.

CDU und Grüne sahen sich deshalb jetzt sogar dazu genötigt, mit einem offiziellen Antrag an den Ausschussvorsitzenden auf das einvernehmlich verabredete Prozedere zu pochen – damit der „Ausschuss einen würdigen Abschluss findet“, wie Grünen-Fraktionschef Axel Vogel sagt. Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses habe bis Dienstag „diese Festlegungen nicht umgesetzt“, heißt es in dem Antrag. „Vielmehr teilte das Sekretariat des Untersuchungsausschusses auf telefonische Anfrage mit, dass „kein offizieller Übergabetermin und keine Pressekonferenz geplant seien“. Die Opposition wertet das als offenen Affront – und es ist nicht der einzige.

In Vorbereitung auf die Plenardebatte soll der Opposition sogar weniger Rederecht eingeräumt werden. Im Gegensatz zu den Abschlussdebatten etwa zu den beiden Enquetekommissionen, als allen Fraktionen die gleiche Redezeit eingeräumt wurde, ist diesmal geplant, die Redezeit der Opposition zu beschränken und nach ihrer Größe festzulegen. Während Kosanke 10 Minuten, die SPD 20, die Linke 17 und die Landesregierung noch einmal 20 Minuten Redezeit bekommen sollen, sind für die CDU 12 und die Grünen nur 5 Minuten vorgesehen. Es werde ohne Not von der üblichen Praxis abgewichen und die Geschäftsordnung des Landtags durch die Koalition missbraucht. Die Koalition wolle die Sicht der Opposition nicht so stark zur Geltung kommen lassen und die Debatte im Landtag bestimmen. „Deutlicher kann man nicht machen, dass man die Opposition hier unterbuttern möchte“, sagte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. „Das ist ein schamloser Umgang mit der Opposition, den Ergebnissen und der Arbeit des Untersuchungsausschusses.“

Es war nicht das erste Mal, dass vor allem die SPD in dem Ausschuss gemauert hat. Im Januar hatte Kosanke einen nicht abgestimmten Entwurf für den Abschlussbericht vorgelegt, der durchgeboxt werden sollte und eine Rundum-Entlastung enthielt. CDU und Grüne wollten weitere Zeugen hören und schalteten das Verfassungsgericht ein, Kosanke musste einlenken.

Der Ausschuss hatte dreieinhalb Jahre lang die Immobilienaffäre untersucht. Nach PNN-Informationen wird im Fall des Verkaufs einer früheren Militärfläche in Bad Saarow (Oder-Spree) durch die 2006 privatisierte Brandenburgische Boden Gesellschaft (BBG) in dem Abschlussbericht nicht mehr ausgeschlossen, dass dem Land dabei Schaden entstanden ist. Das hatte die SPD lange bestritten, bis sie im März aufgrund neuer Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft Potsdam eine Kurskorrektur vornehmen musste. Sie hatte bislang darauf gepocht, dass dem Land keinerlei Schaden entstanden sei. SPD-Obmann Mike Bischoff hatte gesagt: „Ich will und kann nicht ausschließen, dass hier möglicherweise durch Schachtelgeschäfte und betrügerisches Handeln ein Unterwertverkauf geschehen ist.“ Doch selbst diese Einsichtten seien im Abschlussbericht durch eine „ausgeprägt wohlwollende Sicht auf das Regierungsversagen im Umgang mit der BBG und deren Geschäften“ gekennzeichnet, sagte Vogel.

CDU und Grüne werfen dem Finanzministerium Versagen vor. Ihrem Sondervotum zufolge war das Finanzministerium ab 2006 bei Immobiliengeschäften seiner Verantwortung für das Land und das Geld seiner Bürger nicht gerecht geworden. Aus Sicht der SPD gibt es dagegen keine Belege für angebliche Rechtsverstöße der Landesregierung. Alexander Fröhlich

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