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Brandenburg: Ein Schloss zum Traumpreis

Die Baupreisentwicklung dürfte den 480-Millionen-Euro- Rahmen sprengen / Haushälter sauer auf Tiefensee

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Berlin - 480 Millionen Euro soll der Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses kosten – darauf hat sich Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee festgelegt. Das sei die „feste Kostenobergrenze“, heißt es im Bericht seines Ministeriums (PNN berichteten). Mehrkosten sollen bestenfalls durch steigende Preise für Material und Löhne möglich sein, die man jetzt noch nicht absehen könne.

Ob“s damit getan ist? Die jüngste Berliner Baugeschichte kennt genügend Beispiele für Bauten, die jeden Rahmen sprengten: Beispiel Tempodrom: 16 Millionen waren vorgesehen, am Ende wurde daraus der doppelte Betrag. Beispiel Hauptbahnhof: Der Glaspalast kostete schließlich statt 700 Millionen eine Milliarde Euro. Die „Topographie des Terrors“ wird statt 18 nun 38 Millionen Euro verschlingen. Und seit diesem Mittwoch sind auch die Berliner Gedenkstätten wegen höherer Kosten wieder im Gerede (siehe Seite 18).

Doch es gibt auch Beispiele dafür, dass die Kostenbremse greifen kann. Petra Merkel (SPD), Berliner Bundestagsabgeordnete und Mitglied im Haushaltsausschuss, sagt, sie halte die 480 Millionen des Parteifreunds Tiefensee für durchaus „realistisch“: „Wir arbeiten bei Bauvorhaben des Bundes schon seit einiger Zeit mit Deckelungen, was bedeutet: Alle Beteiligten, Planung, Organisation und Kontrolle, sind angehalten, den Kostenplan einzuhalten und alle Risiken dadurch abzufedern, dass sie Reserven bilden.“ Beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zum Beispiel habe man mit 180 Millionen geplant. Gekostet habe der Umbau 130 Millionen – inklusive Tiefgarage, die ursprünglich nicht im Finanzplan stand.

Andreas Kübler, Sprecher des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung, nennt den Regierungsumzug als Beispiel für Kostendisziplin. Die eingeplante Summe für Neubauten und Altbausanierungen von insgesamt 1,1 Milliarden Euro wurde nicht einmal ausgeschöpft: „16 Millionen Euro gingen an den Finanzminister zurück“, sagt Kübler. Bei einzelnen Projekten gab es zwar hohe Mehrkosten, etwa beim Bundestag oder dem Kanzleramt, das um etwa ein Drittel teurer wurde als geplant. Für viele andere Bauten meldet die Bundesbauverwaltung aber „punktgenaue Landung“ – und das nicht nur bei Regierungs-, sondern auch bei Kulturbauten wie dem Bodemuseum oder der Alten Nationalgalerie.

Möglich wurde das alles freilich, weil jener „Baupreisindex“, an dem sich auch Tiefensees Stadtschloss-Kalkulation orientiert, in den 90er Jahren wenig schwankte. Baumaterial und Löhne blieben, bauherrenfreundlich, damals lange auf gleichem Preisniveau. Seit 2000 steigt dieser Index jedoch leicht, seit diesem Jahr sogar deutlich. Insider halten deshalb die Vorwürfe an Tiefensee, er öffne unter Hinweis auf den Index ein Hintertürchen für die kommende Kostenexplosion, für ungerecht: „Auch wer sich seinen Keller streichen lässt, bekommt vom Maler einen zeitlich befristeten Kostenvoranschlag. Was dieselbe Arbeit zwei Jahre später kostet, lässt sich seriös nicht voraussagen.“ Bleibt die Frage nach der historischen Schlossfassade, für deren Rekonstruktion das Bauministerium nach wie vor fest 80 Millionen Euro privater Spenden einplant. Und die sind noch längst nicht gesammelt. Bei der Sitzung des Haushaltsausschusses erklärte der Bauminister gestern Abend, wenn sie nicht zusammenkämen, könne man das Geld ja durch Sparen an anderer Stelle hereinbekommen. Dem widersprachen die Linke Gesine Lötzsch und der Unions-Chefhaushälter Steffen Kampeter: Der Einsatz von öffentlichem Geld auch für die Fassade sei nicht akzeptabel, sagte Kampeter und kündigte eine „qualifizierte Sperre“ dafür an. „Der Mut des Bundesministers darf nicht zu Lasten des Steuerzahlers gehen.“ Lötzsch nannte Tiefensees Ankündigung im Gespräch mit dieser Zeitung „fahrlässig“. „In Anbetracht der Spenden, die der Förderverein Berliner Schloss bisher gesammelt hat, ist die Zielgröße 80 Millionen völlig illusorisch.“

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