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Der BER bleibt ein Fall für die Justiz.

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Brandenburg: Ein Umschlag voller Geld

Der BER bleibt ein Fall für die Justiz. Jetzt wurde gegen einen früheren Bereichsleiter und einen früheren Imtech-Manager Anklage wegen Bestechung erhoben

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Neuruppin/Schönefeld - Die Geldübergabe war filmreif, wie im Krimi. Kurz vor Weihnachten 2012 traf sich Francis G. an einer Raststätte an der A 24 kurz vor dem Dreieck Wittstock im Nordbrandenburgischen mit einem Mitarbeiter des Gebäudetechnik-Konzerns Imtech – und bekam bei einem Kaffee einen DIN-A4-Umschlag überreicht. Darin waren 150 000 Euro in bar, es war Schmiergeld. Noch vor dem Jahreswechsel drückte Francis G., damals Bereichsleiter der Flughafengesellschaft an der BER-Baustelle in Schönefeld, eine Zahlung von 65 Millionen Euro an Imtech und eine Arbeitsgemeinschaft, an der der Konzern beteiligt war, durch – ohne dass überprüft wurde, ob die Nachträge berechtigt und entsprechende Arbeiten ausgeführt wurden. Die Vorauszahlungen musste die Flughafengesellschaft eigens durch Bankbürgschaften absichern.

Nun, fast drei Jahre später, hat Brandenburgs zentral für Korruptionsfälle zuständige Staatsanwaltschaft Neuruppin Anklage vor der Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Cottbus erhoben. Die Staatsanwaltschaft wirft Francis G. Bestechlichkeit im besonders schweren Fall vor. Der frühere Imtech-Manager B. muss sich wegen Bestechung im besonders schweren Fall, zwei weitere Mitarbeiter wegen Beihilfe verantworten.

Die Deutschland-Tochter des niederländischen Konzerns, der im August 2015 Insolvenz anmelden musste, war schon damals in einer problematischen wirtschaftlichen Lage. Francis G., damals erst wenige Monate auf der BER-Baustelle, hatte gezielt Kontakt zu Imtech-Manager B. gesucht und ein Angebot unterbreitet: Er wollte sich dafür einsetzen, dass nicht abschließend geprüfte Forderungen von Imtech noch im Jahr 2012 beglichen werden. Als Gegenleistung verlangte er drei Prozent der Summe als Schmiergeld, insgesamt zwei Millionen Euro. Nach der Geldübergabe an der Autobahn forderte Francis G. dann Anfang 2013 die Zahlung der Restsumme, doch Imtech lehnte dann kategorisch ab.

Imtech spielte auf der Baustelle für den neuen Hauptstadtflughafen und bei dem Debakel um die mehrmals verschobene Eröffnung eine zentrale Rolle. Imtech baute im neuen Terminal große Teile der Haustechnik, etwa die Strom-, Klima- und Sprinkleranlage, also auch Teile der Brandschutzanlage, bei der es zu milliardenschweren Verzögerungen gekommen war und an der aufwendige Umbauten nötig sind.

Die Korruptionsermittler der Neuruppiner Staatsanwaltschaft und Spezialisten des Landeskriminalamtes sind seit Dezember 2014 an dem Schmiergeld-Fall dran. Ausgelöst hatte die Ermittlungen nicht der Flughafen, sondern das neue Management von Imtech. Bereits Mitte 2013 hatte die Flughafengesellschaft einen anonymen Hinweis auf die Schmiergeldzahlungen bekommen, konnte den Verdacht bei der internen Prüfung aber nicht erhärten.

Nachdem Francis G. Mitte Mai in Untersuchungshaft kam, ist er seit 18. September wieder auf freien Fuß. Er musste nach PNN-Informationen eine Kaution von 100 000 Euro hinterlegen, zudem muss er Meldeauflagen erfüllen.

G. war im Sommer 2012 – wenige Monate nach der geplatzten Eröffnung – vom damaligen BER-Technikchef Horst Amann – wegen Referenzen vom Flughafen Frankfurt/Main – auf die Baustelle geholt worden, zunächst als Baubereichsleiter. Seit einer Aufsichtsratssitzung im Dezember 2012 sogar ausgestattet mit Prokura – und damit berechtigt zur Abzeichnung von Rechnungen. Auf Amanns Druck, dessen Vertrauter G. war, winkte der Aufsichtsrat auf derselben Sitzung aus Sorgen vor neuen Terminverschiebungen die von G. versprochene, ungeprüfte Vorabzahlung an Imtech durch. Sein Vertrag wies ihm ein Jahresgehalt von rund 170 000 als „Mindestabruf“ aus. Im August 2013 verließ Francis G. den BER, ausgestattet mit einer „persönliche Empfehlung“ vom damaligen Flughafenchef Hartmut Mehdorn. In dem Schreiben hob Mehdorn dessen „hervorragendes Verantwortungs- und Kostenbewusstsein“ sowie seine „überaus hohe Vertrauenswürdigkeit und Loyalität“ hervor. G. wurde danach Inhaber einer Computerfirma in Potsdam.

Es ist jedenfalls nicht der einzige Korruptionsfall am BER. Der frühere Technikchef Jochen Großmann, der von Mehdorn geholt worden war, wurde im Oktober 2014 wegen besonders schwerer Bestechlichkeit und Betrugs zu 200 000 Euro Geldstrafe und einer Bewährungsstrafe von einem Jahr verurteilt. Er hatte versucht, von einer Bieterfirma, die sich um einen Planungsauftrag für die Entrauchungsanlage bewarb, eine halbe Million Euro abzuzweigen.

Auch sonst ist der BER weiter ein Fall für die Justiz. Die Staatsanwaltschaft Cottbus prüft – wie berichtet – die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen Baugefährdung. Dabei geht es um die zu schwer geratenen Ventilatoren für den Brandfall. Zudem ist die Staatsanwaltschaft mit einer Strafanzeige des Flughafens und Konzerns Siemens befasst. Konkret geht es um einen möglichen Betrug mit überhöhten Abrechnungen von Siemens für 2013 und 2014 in Höhe von 1,9 Millionen Euro für nicht erbrachte Leistungen am BER, die aber trotzdem ausgezahlt wurden. Ein Teilprojektleiter ist am BER deshalb bereits gefeuert worden.

Immerhin ist Imtech wieder auf der BER-Baustelle unterwegs, mit voller Leistung, heißt es. Die Insolvenz des Konzerns hatte einen Verzug im Zeitplan von drei bis vier Monaten verursacht, wie BER-Chef Karsten Mühlenfeld vor einer Woche bekannt gab.

nbsp;Alexander Fröhlich

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