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Grüne Leckerei. Uwe Schieban, Chef Agrargenossenschaft Unterspreewald, zeigt ein Gurkenfeld unter einem Fließ.

© Patrick Pleul/dpa

Brandenburg: Eine Nische für die Gurke

Mindestlohn und Konkurrenz aus dem Ausland: Gurkenanbauer im Spreewald sehen sich zunehmend Marktveränderungen ausgesetzt. Ein Anbauer setzt deshalb auf Nischenproduktion

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Märkische Heide - Überall Gurken: Auf den Feldern in Südbrandenburg steht die Ernte des Spreewald-Klassikers an. Zu den Anbauern zählt die Agrargenossenschaft Unterspreewald, die sich verstärkt auf das regionale Geschäft konzentrieren will. Denn obwohl die Bezeichnung Spreewaldgurke von der EU geschützt ist und die Einlegegurke aus der Region einen guten Ruf hat, ist die Konkurrenz aus dem Ausland zunehmend spürbar, wie Geschäftsführer Uwe Schieban sagt. Deshalb probiert es die Firma mit Nischenproduktion. Am gestrigen Donnerstag startete offiziell das Spreewälder Gurken-Pflücken im Akkord.

Gemischtblühende Gurkensorten wachsen seit diesem Jahr auf Feldern der Firma in der Gemeinde Märkische Heide (Dahme-Spreewald). „Das will eigentlich keiner mehr machen von den anderen Anbauern, weil der Ertrag geringer ist“, sagt Schieban. Die Sorten seien älter als die, die heute zum Großteil auf den Feldern wachsen. Aber von kleineren Konservenbetrieben im Spreewald gebe es Nachfrage für die gemischt-blühenden Sorten, die männliche und weibliche Blüten haben. Laut Schieban haben die Gurken eine festere Konsistenz als andere Sorten. Für die Produktion von sauren Gurken sei das wichtig. Anders als bei den gängigen Sorten müssten die gemischtblühenden auch von Insekten bestäubt werden.

Ein Trend hin zur Nischenproduktion sei in der Region bislang aber nicht zu verzeichnen, ergänzt der 47 Jahre alte Diplom-Agraringenieur. „Wir arbeiten antizyklisch“. Auf den insgesamt 45 Hektar großen Feldern arbeiten in den nächsten Wochen rund 180 Gurkenpflücker. Pro Saison kommen bei der Firma rund 3000 Tonnen Gurken zusammen.

Im gesamten Spreewald werden jährlich rund 40 000 Tonnen Freilandgurken geerntet, wie das Landwirtschaftsministerium in Potsdam mitteilt. Etwa 3200 Arbeitskräfte sind in der Anbau- und Verarbeitungszeit im Einsatz. Die kleineren Konservenbetriebe haben eine höhere Wertschöpfung, wie Schieban sagt. „Ihre Ware verkaufen sie zum Beispiel über den Mann, der am Fließ im Spreewald steht und den Touristen auf dem Kahn saure Gurken anbietet.“ Das bringe deutlich mehr Geld ein als im Supermarkt.

Die Bezeichnung Spreewald-Gurke ist von der EU seit 1999 geschützt. Das heißt, nur Gurken aus dem Spreewald dürfen auch so genannt werden.

Wie kommt der Konkurrenzdruck aus dem Ausland zustande? Von den geernteten Gurken gelangen nicht alle als Spreewald-Gurke in den Handel, sagt Schieban. „Da geht auch ein Teil zum Beispiel als No-Name-Produkte an Handelsketten.“ Hier müssen sich die Spreewälder Anbauer mit denen in anderen Ländern messen. Vereinzelt sei von größeren Weiterverarbeitungsbetrieben schon weniger Rohware bestellt worden, sagt Schieban. Lohnkosten seien in Ländern wie der Türkei, Rumänien oder Indien viel geringer und die Klimabedingungen viel besser. Diese Entwicklung bestätigt auch der Gurkenanbauer Spreewaldhof Niewitz in Bersteland.

Der Gurken- und Essigproduzent Carl Kühne, der auch in Frankreich, Polen und der Türkei Standorte hat, kommt zu einer ähnlichen Einschätzung. „Der deutsche Gurkenanbauer sieht sich einem erhöhten Wettbewerbsdruck ausgesetzt“, teilt das Unternehmen in Hamburg mit. Dabei spiele das Thema Mindestlohn eine Rolle. Gurkenanbau und -ernte erforderten einen hohen Personaleinsatz. Schieban sagt mit Blick nach vorne: „Wir haben einen Vorteil: Das Markenprodukt Spreewald-Gurke.“ Viel härter werde es in Zukunft bayerische Gurkenanbauer treffen, ist er sich sicher. „Weil sie der Konkurrenz ungeschützt ausgesetzt sind.“ Bayern ist bundesweit das größte Anbaugebiet für Gurken – gefolgt vom Spreewald.

Was die Ernte in diesem Jahr betrifft, sind die Gurkenanbauer im Spreewald optimistisch. „Bisher sind alle Umstände so, dass wir wieder mit einem guten Hektarertrag rechnen“, sagt der Marketingleiter des Spreewaldvereins in Lübben, Andreas Traube. Mehr als ein Dutzend Betriebe der Rohwarenerzeugung sind dort organisiert. Wird es die Spreewald-Gurke in 50 Jahren noch geben? Schiebans Antwort kommt schnell: „Klar gibt es die dann noch.“ Anna Ringle

Anna Ringle

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