
© dpa
Brandenburg: Eine Riesenschweinerei?
Bescheid zur umstrittenen Schweinemastanlage in Haßleben kommt „in den nächsten Tagen“
Stand:
Hassleben - Die umstrittenen Schweinemastanlage in Haßleben in der Uckermark steht möglicherweise kurz vor der Genehmigung. Der Bürgerinitiative „Kontra Industrieschwein“ zufolge, die seit Jahren gegen das Projekt kämpft, liegt bereits eine unterschriftsreife Genehmigung vor, die lediglich vom Präsidenten des Landesumweltamtes (LUA), Professor Matthias Freude, unterzeichnet werden muss. Eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen, hieß es am Dienstag auf PNN-Nachfrage aus der zuständigen Genehmigungsbehörde. Das Umweltministerium dagegen kündigt an, ein Bescheid werde noch in den nächsten Tagen veröffentlicht.
Während der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) am Dienstag für den Fall einer Genehmigung eine Klage vor dem Verwaltungsgericht ankündigte, forderten die Grünen im brandenburgischen Landtag eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit. ,,Spätestens seit Stuttgart 21 beteuern Politik und Verwaltung, dass BürgerInnen besser und transparenter in Entscheidungsprozesse einbezogen werden sollen. Regierung und Umweltministerium mögen erklären, warum das gerade für Haßleben nicht gelten soll“, erklärte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel.
Dem schloss sich auch der stellvertretende BUND-Landesvorsitzende Thomas Volpers: „Die Antragsunterlagen lagen vor acht Jahren öffentlich aus. Seitdem ist die Planung vollkommen überarbeitet worden. Das Land Brandenburg verstößt hier gegen die selbst propagierten Ziele, Bürgerinnen und Bürger an Verwaltungsentscheidungen zu beteiligen. Daher fordern wir eine erneute Auslegung der Unterlagen.“ Zudem habe der Investor beantragt, schon vor der Entscheidung über die Widersprüche von Naturschutzverbänden und Betroffenen mit dem Bau beginnen zu können, daher bleibe kaum eine andere Wahl als eine Klage vor dem Verwaltungsgericht, so Volpers weiter. Befürchtet werden eine enorme Geruchsbelästigung und gravierende Folgen für die Umwelt durch die anfallende Gülle. So liegt in unmittelbarer Nähe der geplanten Mastanlage ein Moor-Birkenwald im sogenannten Kuhzer Grenzbruch. Ein vom LUA in Auftrag gegebenes Gutachten aus dem Jahr 2010 und eine Stellungnahme des Kreises Uckermark kommen ebenfalls zur Einschätzung, dass das Moor durch den Gülleeintrag auf umliegenden Äckern beeinträchtigte und schützenswerte Arten wie der Moorfrosch und der Laufkäfer gefährdet würden.
Wie berichtet plant der niederländische Investor Harrie van Gennip seit rund zehn Jahren die in der DDR in Haßleben ansässige Schweinemast wieder aufleben lassen. Bis zu 146 000 Tiere wurden bis 1991 in Haßleben gehalten. Van Gennip, der auch zwei Großanlagen in Sachsen-Anhalt betreibt, will zwar weit weniger Schweine im Ort unterbringen, doch aus Sicht seiner Gegner noch immer eine ungeheuerliche Menge. Ursprünglich hatte van Gennip mit insgesamt 67 000 Tieren geplant. Vor rund einem jahr aber hatte der Niederländer seine Pläne geändert und dem Umfang der Anlage deutlich reduziert. Nun soll die Schweinemastanlage nach Angaben von van Gennips deutschem Berater, Helmut Rehhahn, Platz für rund 33 000 Tiere bieten. Zudem sollen 34 Arbeitsplätze entstehen, immerhin 20 weniger als bei der alten Planung. Angesichts der offenbar bevorstehenden Genehmigung zeigte sich Rehhahn am Dienstag siegessicher: „Ich habe immer gesagt, wir kriegen das durch.“ Eigenen Angaben zufolge hat van Gennip bereits 25 Millionen Euro in eine Solaranlage auf den alten Ställen investiert. Unterstützt wird er von der Bürgerinitiative Pro Schwein, die vor allem auf wirtschaftliche Impulse durch die Anlage setzt.
Sybilla Keitel, die die Bürgerinitiative „Kontra Industrieschwein“ 2004 gegründet hat, forderte am Dienstag Brandenburgs Umweltministerin Anita Tack (Linke) auf, den Betrieb der Mastanlage noch zu verhindern. „Frau Tack sagt immer, dass ist eine rein fachliche Entscheidung. Aber das stimmt nicht. Die Ministerin hat mehrere Möglichkeiten, die Genehmigung ohne rechtliches Risiko abzulehnen“, sagte Keitel. Die unterschriftsreife Genehmigung sei vor rund drei Wochen bei einer Akteneinsicht ihres Anwalts entdeckt worden. Auch LUA-Präsident Freude habe die Entscheidung seiner zuständigen Regionalabteilung Ost überrascht. Matthias Matern
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: