Brandenburg: „Eine schwierige Annäherung“
Am Links-Politiker Heinz Vietze, früher SED-Bezirkssekretär in Potsdam, schieden sich lange die Geister. Zum 60.Geburtstag erwies ihm Regierungschef Platzeck seine Referenz
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Potsdam - Vor Jahren war das selbst in Brandenburg, wo die Politik einen familiären Umgangsstil pflegt, undenkbar. So wurde es zum symbolischen Akt, zu einer bemerkenswerten Premiere: Matthias Platzeck hat gestern „als Ministerpräsident“ und „im Namen der Landesregierung“, einem Mann seine Referenz erwiesen, der einst für ihn und andere ein rotes Tuch war: Die Rede ist von Heinz Vietze, gerade 60 Jahre alt geworden, bisher einflussreichster Linke-Politiker im Land - mit einer umstrittenen Vita. Er war letzter SED-Bezirkssekretär in Potsdam, verantwortlich auch für Einsätze gegen Bürgerrechtler wie Platzeck. Einer, der offen mit diesem früheren Leben umgeht: „Ich habe keine Berichte für die Stasi geschrieben. Sie wurden für mich geschrieben.“ Man mache „nicht alles richtig im Leben“.
In seiner sehr persönlichen Laudatio auf dem Geburtstagsempfang Vietzes in Potsdam sprach der Regierungschef von einer „schwierigen Annäherung“ an Vietze. Er zollte „Heinz“ Respekt, für dessen selbstkritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, vor allem aber für seine Leistungen „für die junge Demokratie“ in Brandenburg. „Eins habe ich schätzen gelernt: Sein Handschlag gilt.“ Es sei „Vertrauen“ gewachsen. Überhaupt nannte es Platzeck einen „Kardinalfehler“ der SPD, nach 1990 nicht differenzierter mit früheren SED-Genossen umgegangen zu sein. „Oskar hätte es heute schwerer, wenn wir damals klüger gewesen wären.“ Der Ex-SPD-Vorsitzende und heutige Linksparteichef Lafontaine, der unter den fast 400 Gratulanten war, nickte zustimmend.
Vietze, die „graue Eminenz“ der PDS, man kann sogar sagen, lange das eigentliche Machtzentrum der Partei, egal, wer den Landesverband oder die Landtagsfraktion gerade führte, feiert seinen Sechzigsten. Und man konnte sehen, dass er in den letzten 17 Jahren vor und hinter den Kulissen ein „Brückenbauer“ gewesen sein muss: Fast die gesamte Brandenburger SPD-Führung war erschienen, die SPD-Fraktion hatte, wie Platzeck bestätigte, ihre Klausurtagung „wegen Vietze“ extra im nahen Brandenburg durchgeführt. Da waren neben Lothar Bisky und Gregor Gysi natürlich, der Freund und Weggeführte Peter Michael Diestel, der Christdemokrat, vereinzelt aber auch andere Gesichter aus der Union. Es kamen Hans Modrow, der vorletzte DDR-Ministerpräsident, aber eben auch der betagte frühere Potsdamer SED-Bezirkssekretär Günther Jahn und andere Ex-Funktionäre der Einheitspartei - auch das, 17 Jahre nach dem Fall der Mauer, eine Premiere in Brandenburg.
Wenn sich Platzeck und ein sichtlich bewegter Vietze offen versöhnen, muss die Eiszeit zwischen SPD und PDS in Brandenburg vorbei sein. So hatte Vietze, der nach 17 Jahren jetzt als parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion und damit als „heimlicher Vorsitzender“ abtritt, sich künftig um die Rosa-Luxemburg-Stiftung kümmert, eine Botschaft an Platzeck: „Ich will den Weg freimachen. Wenn Sie Rot-Rot wollen, Sie können und dürfen.“ So weit ist es zwar nicht. Doch zwischen SPD und Linkspartei in Brandenburg, da war man sich auf dem Empfang einig, bewegt sich offensichtlich etwas.
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