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Saskia Ludwig. Die designierte Partei- und Fraktionschefin gestern vor der Presse.

© Simone Diestel

ZUR PERSON: Eine Unbequeme

Saskia Ludwig will Fraktion und Partei führen. Wer ist sie? Wohin will sie mit der Landes-CDU?

Stand:

Potsdam - Sie ist wirklich irritiert über die Frage: Wie gedenke Sie die beiden Kärrnerjobs als CDU-Parteivorsitzende und als Chefin der Landtagsfraktion mit ihrem Baby unter einem Hut zu bringen, das Ende Mai zur Welt kommen wird? Saskia Ludwig, die gerade beide Kandidaturen verkündet hat, hochschwanger, mit strahlendem Lächeln wie eh und je, ringt einen Moment um Fassung: „Andere taffe Frauen haben es vorgemacht, dass es funktioniert. Ich habe eine Familie, die hinter mir steht“, sagt die 41-Jährige dann. Schon ihre Stimme lässt keinen Zweifel, wie ernst es ihr damit ist. So ernst wie die Ansage, die sich seit Ewigkeiten kein brandenburgischer CDU-Politiker mehr getraut hat, weil die Union hier stabil im 20-Prozent-Kellerloch verharrt, auf Platz Drei hinter der Linken. „Mein Ziel ist es, dass die Union stärkste Partei in Brandenburg wird.“ Rumms, typisch für sie.

Nein, beirren lässt sie sich nicht, diese Saskia Ludwig, die nun nach Johanna Wanka die Führung der Union übernehmen will. Und die auch völlig gelassen darauf reagiert, dass mit Barbara Richstein, der Ex-Justizministerin, eine innerparteiliche Konkurrentin eine Kandidatur zumindest erwägt. Den ersten Punktsieg hat Ludwig mit den klaren Empfehlungen der engeren Führungsriege für sich da bereits errungen. „Ich habe großen Respekt vor den Gremien.“ Nächste Woche will sich Ludwig zur Vorsitzenden der Landtagsfraktion wählen lassen, was als sicher gilt. Das Amt hatte sie schon einmal inne, seit die nun nach Niedersachen wechselnde Wanka Anfang 2009 den Parteivorsitz übernahm. Nach der Landtagswahl am 27. September, nach dem Zwangsgang in die Opposition machte Ludwig loyal Platz, damit die Spitzenkandidatin Oppositionsführerin werden konnte. Wanka wiederum revanchiert sich, hilft nun für ihre Favoritin Mehrheiten zu schmieden, eine Frauen-Achse, die funktioniert.

Andererseits, Ludwig sieht nicht so aus, als ob sie auf Hilfe angewiesen ist. Sie hat in den letzten Jahren ihre Stellung in der Union selbst systematisch ausgebaut: Sie führt den mitgliederstarken, mächtigen Kreisverband Potsdam-Mittelmark, ist Vize-Parteichefin. Sie trug maßgeblich dazu bei, dass Wanka inthronisiert wurde, dass es danach keine offenen Grabenkämpfe mehr gab. Vor allem aber hat Ludwig etwas, das selten geworden ist in der Politik: Profil. Und zwar ein so klares, dass es Parteifreunde gelegentlich zur Verzweiflung bringt. Im Landtag profilierte sich Ludwig (früher Funck), die einmal Verkäuferin lernte, die in Leipzig, München und Berlin studierte mitAbschluss Diplomkauffrau, die zu märkischen Staatsunternehmen promovierte und selbst ein Unternehmen führte, als lupenreine Marktwirtschaftlerin und eisserne Spar-Kommissarin. Kann man damit beim Wahlvolk punkten? Wer weiß, sie selbst hält gern dagegen, dass sie ihren Direktwahlkreis gewann. Es war Ludwig, die mitten in den neuralgischen Sondierungsgesprächen mit der SPD, als Rot-Rot oder Rot-Schwarz noch offen war, die SPD mit der Forderung nach einer Absenkung der Neuverschuldung auf Null bis 2014 bis aufs Messer reizte. Selbst Parteifreunde fanden das nicht klug, Wanka war nicht begeistert. „Unseriös“, befand Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) prompt. Wahr ist aber auch, dass jetzt Rot-Rot selbst keine neuen Kredite ab 2014 anpeilt.

Ludwig sei unbequem, „eine Überzeugungstäterin“, sagen Parteifreunde, nicht immer freundlich gemeint. Wenn sie etwas für richtig erkannt hat, zieht sie es durch, ohne Rücksichten. Opportunistisches Taktieren, Lavieren sind ihre Sache nicht. Da kritisierte sie als Mitglied des ZDF-Verwaltungsrates unverblühmt, wie CDU-Regent Roland Koch den Chefredakteur absägte. Da fordert sie beim Aufbau des Potsdamer Stadtschlosses als Landtag selbst im Detail einen originalgetreuen Knobelsdorff. Da beklagte sie noch zu Zeiten von Jörg Schönbohm zusammen mit drei Mitstreitern das durch Koalitions-Kompromisse verwässerte Profil der Brandenburg-Union und forderte eine Selbsterneuerung der „schlechtesten CDU–Deutschlands“ in der Opposition. Und sie gehörte Anfang 2010 zu vier Länder-Fraktionschefs, die ein konservativeres Profil der Bundes-CDU unter der präsidial führenden Angela Merkel anmahnten. Verträgt sich das alles mit der nötigen Integrationskraft einer Vorsitzenden? „Es geht um ein klares Profil. Wir brauchen eine Wertedebatte“, sagt Ludwig. „Natürlich wird es mit mir keinen Anti-Merkel-Kurs geben.“ 

Saskia Ludwig (früher: Funck) geboren am 23.05.1968 in Potsdam, wohnhaft in Werder ist verheiratet. Von 1984 bis 1987 lernte sie Fachverkäuferin mit Abitur bei der staatlichen Handelsorganisation der DRR (HO) in Potsdam. Von 1987 bis 1989 Handelshochschule Leipzig, von 1990 bis 1992 Studium an der Ludwig Maximilian Universität München, 1992 bis 1995 Freie Universität Berlin, Abschluss als Diplomkauffrau. 2008 promovierte sie zum Thema: „Die Aufgabenauslagerung in Landesbetrieben

im Bundesland Brandenburg und anderen ausgewählten Bundesländern“. Von 1996 bis 1999 war sie Geschäftsführerin im Familienbetrieb, einer Baufirma, seit 1999 verantwortet sie dort die kaufmännische Leitung. Seit 2002 ist sie CDU-Kreischefin in Potsdam-Mittelmark, war lange Jahre Mitglied im Kreistag. Seit 2000 ist sie Mitglied im ZDF-Verwaltungsrat, seit dem Jahr 2004 gehört sie dem Landtag Brandenburg an – mit Direktmandat. Von 2004 bis 2007 war sie parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion, seit 2009 ist sie Vize-Vorsitzende der Landes-CDU. Im Jahr 2009 war sie Fraktionschefin im Landtag. thm

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