Brandenburg: „Eine Verteidigungslinie, die nicht zu halten ist“
Polizeipräsident weist Manipulationsvorwürfe erneut zurück. Ein Gutachten der CDU-Fraktion kommt zu einem anderen Ergebnis
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Potsdam - Brandenburgs Polizeipräsident Arne Feuring hält trotz neuer Vorwürfe weiter daran fest, dass bei der Kriminalstatistik nicht getrickst wurde. Eine inzwischen nicht mehr gültige Dienstanweisung der Polizeidirektion West habe den bundesweit einheitlichen Richtlinien des Bundeskriminalamtes (BKA) zur statistischen Erfassung von Straftaten entsprochen. Doch genau daran gibt es seit Mitte März erheblich Zweifel, Kritiker sehen in der Dienstanweisung den Versuch, die umstrittene Polizeireform und ihre Auswirkungen zu beschönigen.
Die Zweifel werden nun durch ein Gutachten im Auftrag der CDU-Landtagsfraktion bestätigt. Nach Angaben von CDU-Fraktionschef Michael Schierack bestätigt das Gutachten des renommierten Polizeiwissenschaftlers und Kriminologen Thomas Feltes von der Ruhr-Universität Bochumdie Auffassung, dass die umstrittene Dienstanweisung eben nicht den BKA-Richtlinien entspricht. Am Dienstag soll das Gutachten vorgestellt werden. Feuring, der das Papier noch nicht kennt, legte sich dennoch am Freitag fest und sagte: Die Dienstanweisung „hat sich im Rahmen der BKA-Richtlinie bewegt“.
CDU-Fraktionschef Schierack, der das Gutachten gelesen hat, sagte den PNN dazu: „Ich bin zutiefst überzeugt, dass hier vertuscht werden soll. Die Polizei versucht erneut eine Verteidigungslinie aufzubauen, die nicht zu halten ist.“ Die christdemokratische Landtagsfraktion fordert zudem eine Korrektur der Kriminalitätsstatistik für das Jahr 2013.
Nach der Mitte März bekannt gewordenen Dienstanweisung sollten in der Direktion West mehrere Autoeinbrüche und Diebstähle im selben Straßenzug an einem Tag als ein Fall gezählt werden – was im deutlichen Widerspruch zur BKA-Richtlinie steht. Ralf Roggenbuck, Landesvorsitzender des Bundes Brandenburger Staatsanwälte, sagte dem RBB-Politmagazin „Klartext“: „Uns ist aufgefallen, dass in letzter Zeit vermehrt bei Verfahren getrickst worden ist seitens der Polizei.“ Und: „Uns ist aufgefallen, dass es vermehrt zu Abweichungen kommt.“ Nach Darstellung Roggenbucks, der bei der Staatsanwaltschaft Potsdam tätig ist, deren Zuständigkeitsgebiet die Polizeidirektion West ist, werden bei der Polizei je nach Bedarf Fallzahlen hoch- oder heruntergerechnet. Das Vorgehen richte sich danach, entweder die offizielle Kriminalitätsbelastung, also die Zahl der Straftaten, mit statistischen Tricks zu senken oder die Aufklärungsquote anzuheben.
Feuring wies Roggenbucks Vorwürfe allgemein zurück, wollte sich aber dazu nicht näher einlassen. Es handle sich nicht um offizielle Äußerungen der Staatsanwaltschaft Potsdam, sondern um undifferenzierte Vorwürfe. Der Polizeipräsident wies auch den PNN-Bericht zurück, wonach sich Brandenburgs Polizei wegen der Dienstanweisung zur Kriminalitätsstatistik Ärger mit dem BKA eingehandelt hat und unter anderem auch auf Druck des BKA die Dienstanweisung zurückziehen musste. „Es gibt keinen Druck. Es hat keinen Einfluss des Bundeskriminalamtes gegeben“, sagte Feuring. „Mir ist unbekannt, dass das BKA in irgendeiner Form sauer gewesen sein soll.“
Besagte Dienstanweisung gilt inzwischen nicht mehr. Seit Anfang April ist die neue landesweit gültige Handlungsanweisung in Kraft, die nach Ansicht von Kriminalbeamten nun tatsächlich der BKA-Richtlinie folgt. Auffällig war am Freitag, dass sich das Innenministerium zurückhielt. Innenminister Ralf Holzschuher (SPD) hatte sich im März hinter Feuring gestellt und gesagt, die Polizeistatistik sei nicht geschönt worden. Jetzt sagte ein Sprecher, es handele sich um eine „rein fachliche Angelegenheit“ und verwies auf das Polizeipräsidium. (mit dpa)
nbsp;Alexander Fröhlich
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