Brandenburg: „Eine wohlwollende Sicht auf Regierungsversagen“ Trotz eindeutiger Hinweise versucht Rot-Rot, die Erkenntnisse zur Immobilienaffäre zu beschönigen
Potsdam - Trotz deutlicher Hinweise auf mögliche Straftaten aus Unterlagen der Staatsanwaltschaft Potsdam und obwohl der Abschlussbericht des Krampnitz-Untersuchungsausschusses am Dienstag daraufhin geändert werden musste, versucht die SPD-Fraktion die Immobilienaffäre um die Ex-Landesfirma BBG weiterhin zu beschönigen. Tatsächlich mussten die Vertreter der rot-roten Koalition selbst einräumen, dass im Fall von Grundstücksverkäufen aus Landesbesitz in Bad Saarow (Oder-Spree) die bisherige Verteidigungslinie nicht zu halten ist.
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Potsdam - Trotz deutlicher Hinweise auf mögliche Straftaten aus Unterlagen der Staatsanwaltschaft Potsdam und obwohl der Abschlussbericht des Krampnitz-Untersuchungsausschusses am Dienstag daraufhin geändert werden musste, versucht die SPD-Fraktion die Immobilienaffäre um die Ex-Landesfirma BBG weiterhin zu beschönigen. Tatsächlich mussten die Vertreter der rot-roten Koalition selbst einräumen, dass im Fall von Grundstücksverkäufen aus Landesbesitz in Bad Saarow (Oder-Spree) die bisherige Verteidigungslinie nicht zu halten ist. Am Dienstag tagte der Ausschuss über mehrere Stunden hinter verschlossenen Türen. Vertreter der Koalition auf der einen sowie von CDU und Grünen auf der anderen Seite rangen um die richtige Formulierung. Am 6. Mai soll nun der Abschlussbericht an Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) übergeben werden, CDU und Grüne reichen ein Sondervotum ein.
CDU-Obmann Dierk Homeyer sagte: „Der vorgelegte Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses wird um einen entscheidenden Passus verändert – dass es nicht mehr auszuschließen ist, dass dem Land Brandenburg ein Schaden entstanden ist.“ Grüne-Fraktionschef Axel Vogel erklärte, der Untersuchungsausschuss könne belegen, dass dem Land beim Verkauf der ehemaligen Militärflächen in Krampnitz, Bad Saarow und Oranienburg ein Schaden entstanden ist. „Die SPD musste anhand der neuen Erkenntnisse zum Fall Bad Saarow bereits erkennen und einräumen, dass zumindest in diesem Fall Schachtelverkäufe und mögliche Unterwertverkäufe vorliegen, die auch einen Vermögensschaden nahelegen“, so Vogel.
Die SPD-Fraktion dagegen versuchte am Mittwoch, die Sache herunterzuspielen. Mehr als 40 Zeugenbefragungen, gut hundert Beweisanträge und Lkw-weise Akten hätten in dreieinhalb Jahren keine Belege für angebliche Rechtsverstöße der Landesregierung beim Verkauf von Grundstücken erbracht, sagte SPD-Obmann Mike Bischoff am Mittwoch. Im Fall einer früheren Militärfläche in Bad Saarow müsse nun die Justiz Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten nachgehen. Dass SPD und Linke zuvor im Ausschuss genau das Gegenteil festgestellt haben, dass es angeblich keine Unregelmäßigkeiten gegeben hat, ist für Bischoff nun kein Anlass, auch die anderen Fälle wie Oranienburg (Oberhavel) genauer unter die Luppe zu nehmen. Vielmehr beharrt er sogar darauf, dass der Untersuchungsausschuss beim BBG-Deal in Oranienburg keinerlei Probleme feststellen konnte.
Das könnte sich allerdings rächen. Denn auch im Fall Oranienburg ermittelt die Staatsanwaltschaft Potsdam. Und Bischoff ist längst bekannt, zu welch eindeutigem Ergebnis die Staatsanwaltschaft im Fall Bad Saarow gekommen ist.
Offiziell heißt es von der Behörde nur, dass weiter ermittelt werde, nämlich gegen Frank Marczinek, den früheren Chef und Eigentümer der Brandenburgischen Boden Gesellschaft (BBG), und weitere führende Mitarbeiter. Insbesondere Marczinek wird vorgeworfen, im Landesauftrag Flächen aus Landeseigentum unter Wert privatisiert, dem Land höhere Einnahmen vorenthalten und dabei selbst ordentlich abkassiert zu haben.
Nach PNN-Informationen haben die Ermittler bereits im vergangenen Jahr festgehalten, dass nach den bisherigen Erkenntnissen die Beschuldigten beim Verkauf einer früheren Militärliegenschaft der Sowjets in Bad Saarow pflichtwidrig gehandelt und damit dem Land Brandenburg einen finanziellen Schaden zugefügt haben. Demnach ist das Gelände nach Ansicht der Ermittler auf Basis eines fehlerhaften Gutachtens verkauft worden. Konkret geht es um rund 230 000 Euro, die der Landeskasse entgangen sind. Hätte sich die BBG an ihre Pflichten als im Landesauftrag tätiger Flächenvermarkter gehalten und den Kaufpreis an die im Kaufvertrag vorgesehene Nutzung des Geländes angepasst, dann wären nach Ansicht der Ermittler knapp 275 000 Euro eingenommen worden. Stattdessen wurde das Landeseigentum für nur 42 000 Euro privatisiert. Dabei ist die BBG nach der sogenannten WGT-Richtlinie gezwungen, den Kaufpreis an dem Verkehrswert zu orientieren.
Auch im Fall Oranienburg besteht nach Ansicht der Ermittler der Verdacht, dass der Kaufpreis künstlich heruntergerechnet wurde. Das hat sich im Untersuchungsausschuss auch erhärtet. Es ging es um 65 Hektar auf einem alten Hubschrauberflugplatz der Roten Armee. Die BBG verkaufte einen Teil, nämlich 20 Hektar, im Jahr 2009 für 205 000 Euro an die damals kapitalschwache und junge Firma Berlin-Brandenburger Flächenentwicklungs GmbH (BBF), an der die Ex-Landesfirma selbst beteiligt war. Die BBF verkaufte alles nach Munitionsräumung und Erschließung gewinnbringend weiter. Das Areal ging für 5,6 Millionen Euro an den Lebensmittelkonzern Rewe, der ein Logistikzentrum baute.
Ein Unterschied besteht allerdings noch zwischen den BBG-Deals in Bad Saarow und Oranienburg. Bei Ersterem hat die Staatsanwaltschaft deutliche Hinweise auf einen Tatvorsatz. Marczinek persönlich soll finanziell von dem Geschäft in nicht unbeträchtlicher Höhe profitiert haben, wie die Ermittler feststellten. Für Oranienburg fehlt dieser Nachweis noch.
Dass die SPD nur im Fall Bad Saarow einlenkte, aber ansonsten hart bleibt, hat auch einen anderen Grund. „Die Bewertung der Vorgänge im Abschlussbericht ist nach unserer Wahrnehmung von dem Bestreben der Fraktionen von SPD und Linken gekennzeichnet, eine ausgeprägt wohlwollende Sicht auf das Regierungsversagen im Umgang mit der BBG und deren Geschäfte für die Nachwelt festzuschreiben“, sagt Grünen-Fraktionschef Vogel. CDU-Obmann Homeyer wirft Rot-Rot vor, belastendes Material unter Verschluss halten zu wollen. In der Tat wollten SPD und Linke mit dem schnellen Einlenken im Fall Bad Saarow genau das verhindern, was dem Untersuchungsausschuss durch möglich gewesen wäre: Er hätte die vom Justizministerium vorgenommene Einstufung der Akten der Staatsanwaltschaft als „Verschlusssache - nur für den Dienstgebrauch“ – also als Geheimakten – aufheben können.
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