Chaos in Brandenburgs FDP: Einer lügt

Potsdam - Die Kriegserklärung kam per SMS und stürzte die brandenburgische FDP binnen 24 Stunden ins totale Chaos: Am Sonntagnachmittag hatte FDP-Landeschef Gregor Beyer eine Kurznachricht auf das Handy seiner Vize-Landeschefin und Abgeordnetenkollegin Linda Teuteberg geschickt. Inhalt: Er habe kein Vertrauen mehr zu ihr und sehe keine Basis mehr für eine Zusammenarbeit. Er werde eine Entscheidung herbeiführen – in Parteispitze und Fraktion. So oder so. Er werfe Teuteberg vor, Interna aus der Partei nach außen zu tragen und zu intrigieren. So erzählt es Beyer. Teuteberg selbst schweigt zu dem Vorgang, weil sie sich auf ihre Examensprüfung konzentrieren wolle. Beyer will, dass sie sich in Partei und Fraktion erklärt.

Dabei ist Beyer selbst in Erklärungsnot geraten. Denn er steht zumindest in Verdacht, zu einem denkwürdigen Vorgang nicht die Wahrheit zu sagen. Auf jeden Fall stehen seine Angaben im Gegensatz zu denen des Chefs der Landtagsfraktion, Andreas Büttner.

Es geht um eine traute FDP-Runde, die sich am 2. Oktober in Potsdam traf und auf der die Potsdamer FDP-Spitze wahrheitswidrig so getan haben soll, als gäbe es nur einen Kandidaten für die Spitzenkandidatur im Wahlkreis 61 (Potsdam, Mittelmark, Teile Teltow-Flämings) – nämlich Potsdams Kreischef Marcel Yon.

Neben Beyer und Büttner waren bei der trauten Runde auch der Bundestagabgeordnete Martin Neumann und ein ausgesuchter Teil des Vorstands der Potsdamer FDP anwesend: so Kreischef Yon, Berend Dieckmann, Tobias Köhler und Johannes von der Osten-Sacken. Thema war auch die Spitzenkandidatur im Wahlkreis 61. Yon selbst strebte diese an. Aber auch Jacqueline Krüger, eine nach außen kaum bekannte Frau aus Potsdam-Drewitz. Und der, so der Vorwurf aus Kreisen der Potsdamer FDP, sei man in der Runde massiv in den Rücken gefallen. Von ihrer Potsdamer Parteispitze. Nach Darstellung mehrerer Teilnehmer sei behauptet worden, Krüger habe ihre lange angemeldete Kandidatur zurückgezogen. So sei der Eindruck erweckt worden, Yon stehe unangefochten zur Wahl für die Spitzenkandidatur und die Partespitze könne ihn uneingeschränkt unterstützen. Yon selbst bestreitet diese Darstellung. Beyer auch. Fraktionschef Andreas Büttner sagte dagegen am Montag den PNN: „Es ist von Potsdamer Seite der Eindruck vermittelt worden, eine Kandidatur von Jacqueline Krüger stehe nicht mehr im Raum.“ Büttner bestritt auch eine – fehlerhafte – Darstellung in den PNN, wonach er mit Beyer Absprachen über Wahlkandidaturen getroffen habe. Er habe auch nie einen bestimmten Kandidaten für die Bundestagswahl favorisiert.

Yon war dann am Donnerstag voriger Woche auf einer Mitgliederversammlung der Kreisverbände Potsdam, Mittelmark und Teltow-Fläming gegen eben jene Jacqueline Krüger unterlegen. Sie hatte ihre Kandidatur nie zurückgezogen. Zu der Runde am 2. Oktober mit Beyer, Büttner und  Neumann war sie nicht geladen.

Beyer sagte am Montag den PNN, er schließe aus, dass die Potsdamer die Kandidatur Krügers in der Runde für erledigt erklärt haben. Er selbst habe noch kurz zuvor mit ihr gesprochen. Sein Fraktionschef Büttner blieb auch auf nochmalige Nachfrage der PNN bei seiner gegenteiligen Aussage.

Auch Yon bleibt unbeirrt. Trotz seiner Niederlage beim Kampf um die Spitzenkandidatur im Wahlkreis will er sich nun auf einen vorderen Listenplatz im Land wählen lassen – auf Platz zwei, gleich hinter Martin Neumann. Yon, Neumann und Beyer bestreiten, eine Absprache getroffen zu haben, wonach Neumann nur die halbe Bundestagslegislatur bestreiten werde um dann für Yon Platz zu machen. Im Landesvorstandd und in Teilen der Fraktion wird zumindest darauf verwiesen, dass Yon und Beyer einen gemeinsamen Gegner haben: Linda Teuteberg, die Landtagsabgeordnete aus Yons Kreispartei. Yon hatte ihr schon früher gezeigt, was er von ihr hält. Seit Sonntag hat sie auch bei Beyer Klarheit. Peter Tiede