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Krampnitz-Affäre: Einer lügt
Die dänische Thylander Group hatte eigenen Angaben zufolge nicht die Absicht, die Potsdamer Krampnitz-Kasernen als alleiniger Investor zu kaufen, sagte der damals für Thylander tätige Geschäftsmann Marc Wiese am Dienstag vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags.
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Potsdam - Die Krampnitz-Affäre wird möglicherweise erneut zum Fall für die Staatsanwaltschaft, die bislang nicht gegen die Käufer des 112-Hektar-Kasernen-Geländes im Norden Potsdams um den Hannoveraner Rechtsanwalt Ingolf Böx und den Unternehmer Rolf Haferkamp ermittelt: Nach der Sitzung des Untersuchungsausschusses im Landtag am Dienstag steht für die Opposition aus CDU, FDP und Grünen wie für Rot-Rot offen der Verdacht, dass die Käufer beim Erwerb der Immobilie vom Land im Jahr 2007 ein fingiertes, vorgetäuschtes Angebot über eine angebliche Beteiligung der Thylander-Gruppe an dem Projekt abgaben – und Böx dazu noch bei seiner Vernehmung im Unterschungsausschuss im Frühjahr 2011 eine falsche Aussage gemacht hat, was strafbar wäre.
Zuvor war als Zeuge der damalige Vize-Präsident und Deutschland-Vertreter der Thylander-Gruppe, Marc Wiese, vernommen worden. Finanzministerium und Landtag waren beim Verkauf der Immobilie im Jahr 2007 unter dem damaligen Finanzminister Rainer Speer (SPD) davon ausgegangen, die Immobilie an ein Thylander-Unternehmen zu veräußern, was sich erst nach dem Auffliegen der Affäre im Herbst 2010 als falsch herausstellte. Wiese sagte aus, dass Thylander nie direkt am Kauf beteiligt war, lediglich zeitweise die Absicht hatte, später einmal irgendwann in das Projekt einzusteigen.
Er widersprach damit zentralen Aussagen von Böx. Laut Wiese ist das von Böx am 31. Mai 2007 bei der BBG im Namen der Thylander-Gruppe eingereichte Angebot zum Kauf der Immobilie – auf der Titelseite steht „Thylander“ – nicht mit den Dänen abgestimmt gewesen. Er selbst sehe das Angebot zum ersten Mal. Böx hatte ausgesagt, dass die Thylander-Firma es in Kopie bekommen hatte, Vorgaben für das Angebot vom Thylander-Managment gekommen und die Höhe ebenso abgestimmt gewesen seien wie die Verwendung des Namens „TG“, wie Thylander Gruppe, die in Berlin tatsächlich eine Tochterfirma „TG Berlin“ hat. „Eine Gestattung dafür hat es nicht gegeben“, sagte Wiese. Warum Thylander dies so lange geduldet hat, blieb unklar.
Welche Konsequenzen das hat, ist offen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt bisher gegen den Geschäftsführer der privaten Brandenburgischen Bodengesellschaft (BBG) Frank Marzcinek und BBG-Mitarbeiter wegen des Verdachts der schweren Untreue, nämlich dem Verkauf der Immobilie für lediglich rund 5 Millionen Euro – und damit unter Wert zum Schaden des Landes. Nach einem Gutachten der Staatsanwaltschaft war der Verkehrswert der Immobilie mit rund zehn Millionen Euro nach dem damals vorgelegten Konzept doppelt so hoch, und nach dem von den Käufern erneuerten Konzept mit mehr Wohnbebauung im Frühjahr 2008 sogar knapp 30 Millionen Euro. Für CDU-Obmann Dierk Homeyer haben sich nach der Wiese-Aussage die Vorwürfe des Landesrechnungshofes bestätigt, „dass Finanzministerium und BBG gegen Pflichten verstoßen haben“. „Der Anfangsverdacht des Betruges ist offenkundig“, sagte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. FDP-Obfrau Marion Vogdt wies darauf hin, dass das Land jetzt womöglich „vielleicht die Chance hat, aus den Verträgen wieder herauszukommen.“ Linke-Obmann Christian Görke sagte, „die Möglichkeit ist groß, dass Böx und Haferkampf dem Ausschuss falsche Informationen gegeben haben.“
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