Von Thorsten Metzner: Einer lügt
Für Finanzministerium war Thylander-Gruppe der Käufer der Krampnitz-Kasernen. Dänen bleiben beim Dementi: Nie gekauft
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Potsdam – In der brandenburgischen Krampnitz-Affäre drohen nun internationale Verwicklungen: Brandenburgs Finanzministerium bezichtigt jetzt den dänischen Immobilien-Investor Lars Thylander der Lüge. In einer am Freitag veröffentlichten offiziellen „Information“ widerspricht das vom Linken Helmuth Markov geführte Finanzministerium der bisherigen Erklärung Thylanders über den Rückzug aus dem Krampnitz-Projekt. Der sei „zu keinem Zeitpunkt“ erklärt worden. Der dänische Konzern ließ auf PNN-Anfrage erneut bekräftigen, „die Immobilie nicht gekauft zu haben“.
Thylander war vom damaligen Finanzminister und heutigen Innenminister Rainer Speer (SPD) 2007 dem Landtag als potenter Investor und Käufer vorgestellt worden. Die Thylander-Group, so hieß es in der amtlichen Vorlage 21/07 sogar, habe „die Haftung für sämtliche Verpflichtungen aus den Grundstückskaufverträgen übernommen“. Wenn dem so gewesen wäre, hätte das Land dort aber den ab 2008 fälligen Gesamtkaufpreis eintreiben können, was nicht geschah. Stattdessen gewährte man erst Ende 2008, dann Ende 2009 Zahlungsaufschub.
Tatsächlicher Käufer waren aber, wie erst jetzt herauskam, nicht die solventen Dänen, sondern allein die dem Hannoveraner Anwalt Ingolf Böx gehörende TG Potsdam. Thylander hatte schon am 9. September in den PNN klargestellt, dass man „zwar in einem frühen Stadium an einem Kauf ... interessiert war, wir uns aber letztlich gegen einen Kauf des Grundstücks entschieden haben“. Diese Erklärung gilt weiterhin, ließ die Gruppe den PNN mitteilen. Das könne man juristisch belegen. Weitere Kommentare lehnte Thylander ab. Das Gleiche hatte Thylander in einem Telefonat mit Speer betont, der wegen der Affäre schwer unter Druck steht. Unklar ist aber weiter, wann die Dänen ausgestiegen sind.
Die Darstellung von Thylander, vom Kauf der Liegenschaft früh Abstand genommen zu haben, sieht das Finanzministerium trotzdem durch „Unterlagen widerlegt“. Zum Zeitpunkt des Kaufes habe es zwar – entgegen der Vorlage an den Landtag – „keine gesellschaftsrechtlichen, dafür aber vertragliche Verbindungen“ zwischen Böx und Thylander gegeben. Und zwar einen Vertrag zu Krampnitz vom 31. Mai 2007. Zuvor hätten die Dänen am 29.3.2007 mit einem „rechtsverbindlich“ unterzeichneten Schreiben Interesse bekundet. Ebenfalls am 31.5.2007 habe Böx das Angebot der Thylander-Gruppe – samt Bankbürgschaft der Forstaedernes Bank Kopenhagen – eingereicht, in dem er als Vertreter für die TG Potsdam benannt wurde. Die TG Potsdam, die keine Thylander-Firma ist, was niemand prüfte, kaufte die Immobilie für 4,1 Millionen Euro.
Das Finanzministerium legt nun Wert darauf, dass Thylander „zu keinem Zeitpunkt“ eine Rücknahme seines Angebotes erklärt hatte. Auch gebe es im Ministerium keinerlei Schreiben, „aus der eine Entscheidung gegen den Kauf des Grundstückes hervorgeht“. Hinzu komme, dass Thylander Auftraggeber eines Wertgutachtens war, dass die Immobilie im August 2006 – kurz nach dem Verkauf durch das Land – auf 25 Millionen Euro getaxt hatte. Wegen all der Widersprüche will die Landtags-Opposition nun auch Thylander vor den angekündigten Untersuchungsausschuss vorladen, was allerdings auf diplomatischem Wege über Rechtshilfeersuchen durchgesetzt werden müsste.
Wie berichtet, hat die TG von Böx Flächen in Krampitz bereits weiterverkauft, für 7,1 Millionen Euro, was aber noch nicht rechtswirksam ist. Parallel dazu versucht die TG, Planungen und Genehmigungen voranzutreiben, die der neue Investor übernehmen könnte. Das belegt ein reger Schriftverkehr mit dem Potsdamer Rathaus. Das letzte Schreiben der Bauverwaltung an die TG-Entwicklerin datiert vom 13. September. Die Bauverwaltung hatte zuvor der TG bereits am 8. Juli eine „zügige Bescheidung“ der Baugenehmigung für die sogenannte Biedermeiersiedlung in Aussicht gestellt, wenn man sich an Abstimmungen hält. Allerdings steht das im Widerspruch zu Aussagen von SPD-Oberbürgermeister Jann Jakobs, der jüngst erklärt hatte, dass das Rathaus aktuell in Krampnitz nicht tätig ist und dort kurzfristig auch niemand loslegen könne. „Die können dort erst einmal gar nichts machen außer vielleicht Tapeten abreißen.“ Kritik daran kam von Kontrahenten im Wahlkampf. „Man hat den Eindruck, dass etwas vertuscht werden soll“, sagte Barbara Richstein (CDU). „Er deckt Speer“, erklärte Marie-Luise von Halem (Grüne). Und für Hans-Jürgen Scharfenberg (Linke) sind bruchstückhafte Informationen von Jakobs, teils aus Unkenntnis, nichts Neues. „Er wurstelt sich eben durch.“ Am Freitag kam ein Machtwort aus dem Rathaus – vom Baubeigeordneten Matthias Klipp (Grüne). Er verfügte wegen der undurchsichtigen Affäre den Stopp „aller Aktivitäten“ der Verwaltung.
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