Von Alexander Fröhlich: Einigung über Ackerland: Vorrang für Alt-Pächter Bund und Ost-Länder legen Treuhandland-Streit bei.
Märkische Bauern größtenteils zufrieden
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Potsdam – Ende im Streit um den Verkauf von Agrarflächen in Ostdeutschland: Bund und Länder haben sich auf neue Grundsätze für die Privatisierung von einst volkseigenem Ackerland verständigt. Die Regierungen der neuen Bundesländer müssen der Einigung noch offiziell zustimmen, was als Formsache gilt. Vom Bundesfinanzministerium und brandenburgischen Agrarministerium hieß es, beide Seiten hätten sich „auf Arbeitsebene in allen wesentlichen Punkten“ geeinigt. Konkret geht es um entschärfte Vorgaben für die Bodenverwaltungs- und -verwertungsgesellschaft (BVVG), die Fächen aus Treuhandbesitz privatisiert.
So sollen 96 000 Hektar Ackerland, für die bis zum Jahr 2012 Pachtverträge auslaufen, nicht ausgeschrieben und wie bisher nach Höchstgebot verkauft werden. Zudem wird ein Teil für Alteigentümer und zur Übertragung in das Nationale Naturerbe zurückgehalten. Insgesamt hat das bundeseigene Unternehmen 121 000 Hektar an Bauern und Landwirte in Brandenburg verpachtet, knapp zehn Prozent der gesamten Agrarfläche von 1,3 Millionen Hektar im Land, im Osten der höchste Anteil von BVVG-Flächen. Wie es aus dem Potsdamer Agrarministerium hieß, können Landwirte bei auslaufenden Pachtverträgen diese um weitere neun Jahre oder mit Kaufoption um vier Jahre verlängern. Teils soll es nach Vertragsende zur Ausschreibung kommen. Damit es in solchen Fällen nicht wie bisher überhöhte Preise gibt, können im Zweifelsfall Gutachter eingeschaltet werden.
Der Bund ist damit in einem zentralen Punkt den Kritikern entgegengekommen. Deren Vorwurf war: Die BVVG verzerre mit Ausschreibungen den Markt für Bodenpreise und treibe diese nach oben. Nun sollen sich die Preise für Ackerland der BVVG am ortsüblichen Niveau orientieren und nicht mehr am freien Markt, hieß es. Gerade im Norden Brandenburgs hatten Landwirte bemängelt, dass zahlungskräftige Finanzinvestoren den Bodenmarkt aufmischen und die Preise auf Rekordhöhen treiben würden. Wegen der Wirtschaftskrise und mieser Ertragslage sahen sich die Bauern im Nachteil.
Dennoch verzichtet das Bundesfinanzministerium mit Hinweis auf die schlechte Haushaltslage nicht auf Ausschreibungen und Einnahmen daraus, hieß es aus Verhandlungskreisen. Denn die BVVG erzielte 2009 immerhin ein Rekordergebnis und überwies dem Bund einen Gewinn von 494 Millionen Euro nach 366 Millionen Euro im Vorjahr. Bei den Ausschreibungen sollen bestehende Strukturen aber gestärkt werden, etwa durch Beschränkungen auf Ökobetriebe und Tierhalter. Neu sind auch Vorgaben für den Direktkauf von Pachtland, von denen vor allem Familienbetriebe profitieren. Bisher waren die Zukäufe begrenzt, Pächter durften ihren Eigentumsanteil an BVVG-Flächen nur auf maximal 50 Prozent der Gesamtbetriebsfläche steigern.
Udo Folgart, Präsident des Landesbauernverbandes Brandenburg, der die vor allem die Großbetriebe vertritt, begrüßte die Einigung, weil Bodenpreise sich nun nicht mehr ausschließlich über europaweite Ausschreibungen ergeben, sondern „regionale Wertansätze widerspiegeln“. Reinhard Jung, Geschäftsführer des Bauernbundes Brandenburg, der Familienbetriebe vertritt, sieht nur einen Teilerfolg. Für Familienbetriebe seien die nun begrenzten Ausschreibungen oft die einzige Chance zum Flächenkauf. Die weniger strikten Vorgaben für den Direktkauf nützten ihnen dagegen. Von der Pachtverlängerung profitierten vor allem die alten Großbetriebe aus DDR-Zeiten.
Auf Druck der Länder war der Verkauf von Agrarflächen nach Höchstgebot im August 2009 gestoppt worden, seit Oktober liefen Gespräche zwischen Bund und Ländern. Zur ebenfalls seit Sommer ausgesetzten Privatisierung von Seen wollen Bund und Länder demnächst verhandeln. Die brandenburgische Umweltministerin Anita Tack (Linke) forderte gestern ein Moratorium, das die BVVG bis zum Vorliegen einer Gesetzes zum Verkaufsstopp verpflichtet. Zugleich verlangt sie erneut die kostenlose Übertragung von Gewässern aus Bundesbesitz an die Länder wie beim Naturschutz. Aktuelles Beispiel: Mehr als 700 Hektar in Brandenburg wurden gestern unentgeltlich an die Stiftung Nationales Naturerbe des Naturschutzbundes Nabu übergeben. Die Flächen liegen in den Naturschutzgebieten „Gülper See“ und „Görner See“ im Havelland, beide sind Teil des Naturparks „Westhavelland“, einem der größten in Brandenburg. Bislang übergab die Gesellschaft rund 36 000 Hektar Naturschutzflächen an Länder, Verbände oder Naturschutztzentren. Ökologisch wertvolle Flächen sollen damit dauerhaft erhalten werden.
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