Brandenburg: Einladung zum Betrug
CDU und Grüne im Landtag drängen auf Aufklärung im HBS-Förderskandal
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Potsdam - CDU und Grüne fordern im Förderskandal um das Unternehmen Human Biosciences (HBS) weitere Aufklärung. Auf Antrag beider Fraktionen kommt der Wirtschaftsausschuss in zwei Wochen zu einer Sondersitzung zusammen. Grund sind Aussagen der Leiterin der unabhängigen EU-Prüfbehörde im Finanzministerium, die die Vergabe von EU-Fördergeld in Brandenburg untersucht. Ihre Angaben im Haushaltskontrollausschuss lieferten den Nachweis dafür, dass der HBS-Skandal und der Verlust von Steuergeld in zweistelliger Millionenhöhe vermeidbar gewesen wären. Demnach hätten die Landesförderbank ILB und das Wirtschaftsministerium im Jahr 2011 keine Fördermittel an die HBS ausreichen dürfen – schlicht weil nötige Papiere und Nachweise fehlten. Tatsächlich verstießen sie gegen Förderauflagen und Rechtsregeln.
Es war einer der schwersten Fälle von Subventionsbetrug im Land. In Luckenwalde wollte HBS 42 Millionen Euro in eine Fabrik für Wundpflaster investieren. Das Land förderte das Projekt trotz interner Warnungen und Hinweise auf Ungereimtheiten bis 2012 mit sechseinhalb Millionen Euro, hinzu kommen 4,6 Millionen Euro Investitionszulagen vom Finanzamt – also mehr als elf Millionen Euro insgesamt. Angeblich kaufte HBS 36 Industriekühltrockner – doch nur zwei kamen an. Wenig später ging die Firma pleite. Das Fördergeld haben die später wegen Betrugs zu Haft verurteilten Firmenchefs ins Ausland geschafft, in Luckenwalde steht eine Bauruine.
CDU-Wirtschaftsexperte Dierk Homeyer sagte: „Es ist endgültig klar: Bei der Förderung der HBS wurde gegen geltendes Recht verstoßen, das Geld hätte nie komplett ausgezahlt werden dürfen.“ Entgegen der bisherigen Darstellung seien das Wirtschaftsministerium und die ILB nicht Opfer besonders raffinierter Betrüger, „sondern haben sehenden Auges Millionenbeträge in den märkischen Sand gesetzt“. Er wolle wissen, wer für diesen Skandal die Verantwortung trage und warum noch heute von der Landesregierung behauptet werde, dass alles korrekt verlaufen sei. „Es ist nicht nachvollziehbar, warum man im Wirtschaftsministerium und bei der ILB sämtliche Warnsignale ignoriert hat“, sagte der CDU-Politiker. Auch Grünen-Fraktionschef Axel Vogel erklärte, im Gegensatz zur wiederholten Darstellung von ILB und Wirtschaftsministerium, die nicht mehr aufrechtzuerhalten sei, seien bei der Zahlung der ersten Förderrate schwere Mängel festgestellt worden. „Die im Förderbescheid vorgegebenen Auflagen sind nicht beachtet und somit EU- und Verwaltungsrecht gebrochen worden“, sagte Vogel.
In der Tat hätte die HBS alle sogenannten förderfähigen Ausgaben, wie den Kauf der Gefriertrockner, durch quittierte Rechnungen und Zahlungsbelege nachweisen müssen. Doch das konnte die HBS gegenüber ILB und Wirtschaftsministerium nicht. Die ILB und Ministerium fanden sich damit ab – auch damit, dass es keine deutsche Hausbank gab, Zertifikate und die gesicherte Finanzierung des Projekts nicht ausreichend belegt waren.
Vor allem aber legten sie die Auflagen im Förderbescheid aus, obwohl die eindeutig und laut Prüfbehörde nicht auszulegen waren. Und auch die Landeshaushaltsordnung verlangt den eindeutigen Zahlungsbeweis. Nach geltendem Recht hätten ILB und Ministerium bei Problemen den Bescheid nicht auslegen dürfen, sondern ihn ändern müssen. Darüber und über die Probleme bei der HBS – Zahlungsnachweise, Schecks, die nicht eingelöst wurden – informierte die Prüfbehörde auch frühzeitig die ILB und das Wirtschaftsministerium. Ob dies vor Auszahlung der zweiten Fördertranche im September 2012 geschah und dies hätte verhindert werden können, blieb unklar. Den Dissens über die Auslegbarkeit von Bescheiden hat die Prüfbehörde mit der ILB auch „nicht vollständig ausräumen“ können.
Die ILB versuchte das alles zu entkräften: Im Abschlussbericht der Prüfbehörde vom November 2012 sei festgestellt worden, dass die HBS im Nachhinein fast alle Mängel abstellen konnte. Das Unternehmen habe die Zahlungen noch nachgewiesen. Was die ILB nicht einräumt: Hätte sich die Förderbank an die selbst erteilten Auflagen im Förderbescheid gehalten, wäre es nicht zum Betrug gekommen. 6,5 Millionen Euro aus Landesgeld der Steuerzahler wären nicht futsch. Alexander Fröhlich
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