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Brandenburg: Einsatz schlecht abgestimmt

Eine Bilanz nach den Giftanschlägen am Groß-Glienicker See

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Eine Bilanz nach den Giftanschlägen am Groß-Glienicker See Von Winfried Gutzeit Groß Glienicke. „Der Glienicker See war zu keiner Zeit wirklich in Gefahr“, sagte Bernhard Wronski vom Landesumweltamt Brandenburg (LUA) am Donnerstagabend im überfüllten Vereinszimmer des Kladower Dorfkrugs. Auch wenn es nach der ersten Ausbringung des Pflanzengiftes geregnet hätte, wäre das kein Problem gewesen. „Die starke Verdünnung durch den See hätte das Mittel unschädlich gemacht.“ Zum Info-Abend eingeladen hatte der Kladower Arbeitskreis Kommunales und Umwelt, um eine Bilanz der Geschehnisse nach zwei Giftanschlägen am Ufer des Groß-Glienicker Sees Ende Juli und Mitte August (PNN berichteten) zu ziehen. Beim ersten, weitaus massiveren Anschlag waren etwa 60 Liter eines Herbizid-Diesel-Gemisches in den Wurzelbereich von zwölf Bäumen eingebracht worden. Ein Anwohner war wegen eines stechenden Geruchs aufmerksam geworden, hatte jedoch zunächst angenommen, ein Nachbar hätte seinen Zaun gestrichen. Erst als der Geruch nicht nachließ, wandte er sich an die Behörden. Daraufhin wurden Polizei und Feuerwehr alarmiert, die den Tatort am Abend des 29. Juli aufsuchten. „Wir sind erst am nächsten Tag mittags um 13 Uhr verständigt worden“, erläuterte Bernhard Wronski vom LUA. Immerhin seien sie dann mit ihrem Messwagen binnen 20 Minuten vor Ort gewesen und hätten um 14 Uhr das Ordnungsamt Fahrland gebeten, die betroffene Stelle umgehend abzusperren. Für Cornelia Kümmel vom Kreisgesundheitsamt Potsdam-Mittelmark stellte sich die Situation noch verworrener dar. Sie sei durch einen Bürger telefonisch informiert worden, sagte sie am Rande der Veranstaltung. „Dabei gibt es für solcher Fälle eine konkrete Maßnahmeliste darüber, wer wen anruft.“ Als sie am Ort des Geschehens eingetroffen sei, war die Stelle noch immer nicht abgesperrt. „Ich habe dann sofort ein vorsorgliches Badeverbot bis zur Klärung ausgesprochen“, so Kümmel. An Nachmittag des 30. Juli habe starker Wind geherrscht und der Geruch sei noch stark gewesen. „Das Badeverbot war aber eine reine Vorsichtsmaßnahme und bezog sich nur auf die unmittelbare Umgebung der Stelle.“ Ein entsprechender Hinweiszettel wurden dann vom Besitzer des Uferstreifens, dem Bundesvermögensamt, angebracht. Auch habe sie die Gesundheitsbehörde in Spandau telefonisch von der vorsorglichen Sperrung dieser Uferstelle informiert. Jedoch hätte es zwei Stunden gedauert, dort überhaupt jemanden „an die Strippe zu bekommen“. Danach haben vermutlich Unbekannte die Info-Zettel kopiert und entlang des ganzen Seeufers verteilt, auch auf Kladower Seite. „Es gab von uns aus nie eine Sperrung des Sees“, betonte Kümmel. Der anwesende Spandauer Umweltstadtrat Carsten Röding erklärte hingegen, er habe die Informationen erst zwei Tage später von Bürgern bekommen. Die Gäste der Informationsveranstaltung schüttelten den Kopf über das offensichtliche Durcheinander beim Einsatz vor Ort und die schlechte Abstimmung der Brandenburger und Berliner Behörden. Beim Gift handelt es sich nach Erkenntnis des LUA um alte Bestände von Selest, das früher von der Bayer AG an die DDR geliefert wurde. Hier kam es in der Forst, an Bahndämmen sowie auf Grenzstreifens zum Einsatz und war nach 1985 verboten. „Der stechende Geruch weist auf das Alter der Bestände hin, die müssen lange gelagert haben“, erläuterte Wronski. Dieser Geruch werde durch Abbauprodukte verursacht, die jedoch nicht gefährlich seien. Die erneute Beprobung der betroffenen Stellen habe jetzt minimale Dioxin-Werte weit unterhalb der Grenzwerte ergeben. „Im Wasser war die ganze Zeit nichts nachzuweisen“, so Wronski. Von den Tätern hat die Kriminalpolizei anscheinend noch keine heiße Spur.

Winfried Gutzeit

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