Brandenburg: Einsteins Erben abgehängt
Potsdam unterlag gestern Jena im Wettstreit um den Titel „Stadt der Wissenschaft 2008“
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Potsdam wird nicht „Stadt der Wissenschaft 2008“. Stattdessen erhielt das thüringische Jena gestern den Zuschlag für den begehrten Titel, der vom Deutschen Stifterverband alljährlich zur Förderung der Wissenschaften ausgelobt wird und mit einem Preisgeld von 125 000 Euro verbunden ist.
„Schade, der Titel hätte der Stadt gutgetan“, sagte Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Er sei enttäuscht über die nunmehr dritte Niederlage der Stadt bei überregionalen Wettbewerben. Die Landeshauptstadt war bereits 2005 mit Bewerbungen für die „Kulturhauptstadt Europas 2010“ und für die „Wissenschaftsstadt 2006“ gescheitert. Defizite und Fehler bei der Bewerbung und Präsentation könne er aber nicht erkennen.
Ungeachtet dessen beginnt in der Stadt eine Debatte über Ursachen und Konsequenzen der Niederlage. Der Deutsche Stifterverband zeigte sich allerdings angetan von einem anderen Projekt: Man wolle die für 2008 geplante Neuauflage des Toleranzediktes von Potsdam auf der Grundlage des Originals von 1685 im kommenden Jahr ideell und finanziell unterstützen, sagte der Jury-Vorsitzende Joachim Treusch. In diesem Jahr gab es nur die Bewerbungen von Jena und Potsdam. Viele andere Städte sollen sich nicht beworben haben, weil sie bereits an der Exzellenzinitiative des Bundes teilgenommen haben. In den vergangenen vier Jahren gab es insgesamt 50 Bewerber.
Das Ergebnis der elfköpfigen Jury, die sich aus Vertretern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zusammensetzte, verkündete der Unternehmer und Präsident des Stifterverbandes, Arend Oetker. Danach hatte Jena sowohl bei der öffentlichen Live-Präsentation in Braunschweig als auch beim vorher eingereichten schriftlichen Konzept „in feinen Nuancen“ die Nase vorn, hieß es.
Potsdam hatte sich vom Titel auch einen Imagewandel erhofft. Die Preußenresidenz werde vor allem mit Schlössern und Gärten in Verbindung gebracht. Das dichte Netz von über 40 Wissenschaftseinrichtungen werde kaum wahrgenommen, sagte Jakobs. Dort wollte das Konzept ansetzen, um in der Bevölkerung und nach außen das Bewusstsein für die über vierzig wissenschaftlichen Institutionen zu schärfen. Diese sind – wie auch im Rathaus eingeräumt wird – zwar in der Stadt angesiedelt, spielen aber im städtischen Leben keine markante Rolle.
Genau dort konnten die Thüringer mit bereits Erreichtem punkten. „Jena ist da weiter“, sagte Dieter Wiedemann, der Rektor der Babelsberger Filmhochschule. So zeigte sich die Jury offensichtlich beeindruckt, wie eng in Jena die Friedrich-Schiller-Universität und diverse Institute nicht nur mit den örtlichen Hightech-Unternehmen – wie Carl Zeiss – verzahnt sind, sondern bereits jetzt zum alltäglichen Leben in der Stadt gehören. Oberbürgermeister Albrecht Schröter verwies auf den historisch gewachsenen Unternehmer- und Erfindergeist. „Es gehört zu unserer Kultur.“ Auch werde Jena in Kürze im Stadtzentrum ein Haus der Wissenschaft eröffnen – über ein solches Projekt wird in Potsdam seit langem debattiert.
Auffällig war auch, wie stark Jena von der Thüringer Landesregierung unterstützt wird. So war Wirtschaftsminister Jürgen Reinholz eigens nach Braunschweig angereist. Thüringen werbe nicht umsonst mit dem Titel „Willkommen in der Denkfabrik“, betonte Reinholz. Man setze auf Forschung, weil das Land wirtschaftlich ab 2013 einen selbsttragenden Aufschwung erreichen will. „Wir wollen Geberland werden“, sagte Reinholz.
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