zum Hauptinhalt

Unternehmen aus Brandenburg entwickeln Elektro-Fahrzeug: Elektroflitzer für die Küchensteckdose

20 Unternehmen aus Brandenburg und Berlin entwickeln derzeit ein neuartiges Fahrzeug mit Elektroantrieb. Heute soll der „EQ“ in Berlin vorgestellt werden.

Von Matthias Matern

Stand:

Potsdam - Bislang existiert er nur als Mini-Modell und als Animation. Aber Ende 2017 soll zumindest für Marketingzwecke ein erster Prototyp fertig sein. Dann wird sich zeigen, ob der vierrädrige Elektroflitzer mit Batterie für den Hausgebrauch auch für die Serienfertigung taugt. Die Eckdaten des „EQ“ wenigstens klingen vielversprechend: kleiner als ein Smart, eine Reichweite von bis zu 80 Kilometern und eine Zuladungskapazität von bis zu 120 Kilogramm. Dazu eine vergleichsweise leichte Batterie, die man wie eine Tasche über die Schulter hängen und in der heimischen Wohnung über eine herkömmliche Steckdose aufladen kann. Entwickelt wird der „EQ“ derzeit von einem Verbund von rund 20 Unternehmen aus Brandenburg und Berlin. Am heutigen Donnerstag soll das Gemeinschaftsprojekt der Hauptstadtregion auf dem 22. Innovationstag Mittelstand des Bundeswirtschaftsministeriums in Berlin vorgestellt werden.

Auf den ersten Blick sieht der „EQ“ zwar aus wie ein Auto, er ist aber keines – zumindest offiziell. „Er hat zwar vier Räder, läuft aber unter der EU-Leichtfahrzeugverordnung“, erklärt Harald Bleimeister, Vorstandsvorsitzender des regionalen Netzwerks der Automobilzulieferer „Automotiv Berlin-Brandenburg“, bei dem die Fäden für den „EQ“ zusammenlaufen. Bei dem neuartigen Elektromobil handelt es sich um eines von rund 30 Projekten des sogenannten Schaufensters Elektromobilität Berlin-Brandenburg. Grundlage ist ein gleichnamiges Förderprogramm, mit dem die Bundesregierung ihr 2011 beschlossenes Regierungsprogramm Elektromobilität umsetzt. Ziel ist es, die Kompetenzen in den Bereichen Elektrofahrzeug, Energieversorgung und Verkehrssystem zu bündeln und sichtbar zu machen.

In Kooperation von öffentlicher Hand, Industrie und Wissenschaft sollen dabei innovative Ansätze erprobt werden. Weitere Schaufenster sind Baden-Württemberg, Niedersachsen und Bayern-Sachsen. Insgesamt fließen vom Bund für die Projekte 36 Millionen Euro in die Hauptstadtregion, die Länder Brandenburg und Berlin geben ihrerseits 20 Millionen dazu. 34 Millionen kommen von den beteiligten Unternehmen.

Beteiligt an der Geburt des „EQ“ sind insgesamt auch sechs Firmen aus Brandenburg. Die Idee dazu aber kam aus Berlin, von Hans-Jürgen Esch, dem Gründer und Geschäftsführer der Firma Esch-Projekt. „Vor rund fünf Jahren hat Herr Esch sein Konzept beim Netzwerk vorgestellt. Vor allem die konsequente Verfolgung des Leichtbaugedankens und die Idee des Batteriekoffers haben uns damals überzeugt“, erinnert sich Bleimeister.

Leicht ist der „EQ“ wirklich, oder soll er zumindest werden. „Wir müssen beim Entwickeln ständig das Gewicht im Auge haben. Zielvorgabe sind 150 Kilogramm“, berichtet Bleimeister. Das nötige Know-how für den Leichtbau komme unter anderem von der Firma Scharnau aus Werneuchen (Märkisch-Oderland), die das Zusammenfügen beziehungsweise das Zusammenkleben der entsprechenden Teile quasi neu definiert hätte. „Unser Ziel ist, dass wenigstens 80 bis 85 Prozent aller Bestandteile aus der Region kommen“, sagt Harald Bleimeister. Die Batterie soll etwa zwölf Kilogramm wiegen, lasse sich also noch bequem tragen, so der Netzwerk-Vorsitzende. Innerhalb von sechs bis acht Stunden soll der Akku vollständig geladen sein. Weil man die Batterie mit in die warme Stube nehmen könne, verliere sie im Winter bei Minusgraden zudem keine Leistung.

Einziges Manko des „EQ“ ist möglicherweise, dass man immer allein unterwegs ist: Der leichte Elektroflitzer ist ein Einsitzer. Allerdings sei der „EQ“ ohnehin „keine Kampfansage an den herkömmlichen Fahrspaß“ und eher als Alternative zum Pkw oder zum öffentlichen Nahverkehr gedacht, versichert Harald Bleimeister. „Es geht beim ,EQ’ vor allem darum, trocken von A nach B zu kommen.“ Großer Komfort sei deshalb ohnehin nicht zu erwarten. Außerdem: „Auch in der großen E-Klasse von Mercedes sitzt oft nur eine Person drin.“

Eine Alternative wäre der „EQ“ sowieso nur in Ballungsgebieten. Das weiß auch Bleimeister. Und dort hat er als potentiellen Käufer zunächst einmal gar nicht den Privatkunden im Visier. „Wir werden uns erst einmal in Richtung Flottenvermarktung orientieren. Also Pizza-Lieferdienste, Carsharing-Anbieter oder Pflegedienste ansprechen“, sagt der Netzwerkchef. Denkbar sei auch der Einsatz als Fahrzeug für selbst geführte Stadtrundfahrten.

Und was soll der „EQ“ einmal kosten? „Wir werden uns in die Marktgepflogenheiten einreihen“, bleibt Bleimeister vage und verweist auf die Preise ähnlicher Fahrzeuge der Industrie, wie den Renault Twizy. Der kostet je nach Ausstattung knapp 9000 Euro, ist aber auf Ladestrom aus einer Stromtankstelle angewiesen. Dafür allerdings gibt es ihn auch als Zweisitzer. Matthias Matern

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })