Brandenburg: Enquete: Ausschuss ohne Akten Stasi-Befunde des ersten Landtages gesperrt
Potsdam - Rückschlag für die Enquete-Kommission des Landtages zur Aufarbeitung der SED–Diktatur im Land Brandenburg: Das Gremium aus Wissenschaftlern und Politikern darf keine Einsicht in die geheimnisumwitterten Bescheide der Stasi-Überprüfung des ersten Landtages nehmen. Das Auskunftsersuchen vom Juni 2010 ist vom Brandenburgischen Landeshauptarchiv jetzt abgelehnt worden.
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Potsdam - Rückschlag für die Enquete-Kommission des Landtages zur Aufarbeitung der SED–Diktatur im Land Brandenburg: Das Gremium aus Wissenschaftlern und Politikern darf keine Einsicht in die geheimnisumwitterten Bescheide der Stasi-Überprüfung des ersten Landtages nehmen. Das Auskunftsersuchen vom Juni 2010 ist vom Brandenburgischen Landeshauptarchiv jetzt abgelehnt worden. Und zwar auch deshalb, weil die Stasi-Unterlagenbehörde in Berlin die erforderliche Einwilligung nicht erteilte. Das geht aus dem den PNN vorliegenden abschlägigen Bescheid von Brandenburgs Archiv-Chef Klaus Neitmann hervor. In dem an die bisherige Kommissions-Vorsitzende Klara Geywitz (SPD) gerichteten Schreiben vom 2. September 2010 werden juristische Gründe für das Veto angeführt. Danach sieht das Stasi-Unterlagengesetz zwar durchaus Möglichkeiten vor, dass für wissenschaftliche Forschungsvorhaben oder Unterlagen zu Personen der Zeitgeschichte die sonst geltende Schutzfrist von 30 Jahren verkürzt werden kann. Doch dafür muss die Stasi-Unterlagenbehörde ihre Einwilligung geben, was im Fall der Brandenburger Stasi-Altbescheide verweigert wurde. Der Grund liegt darin, dass das Stasi-Unterlagengesetz erst 2006 gelockert wurde – um solche Forschungen zu erleichtern. Die Alt-Bescheide von 1991 sind aber vorher entstanden. „Aus diesem Grund kann die BStU vor Ablauf dieser Frist keine Einwilligung zu einer Nutzung erteilen“, so das Schreiben.
Um die Stasi-Altbescheide hatte es Anfang 2010 großen Wirbel gegeben, weil mit zwei Jahrzehnten Verzögerung Ungereimtheiten bekannt geworden waren. Die Stasi-Unterlagenbehörde hatte erstmals erklärt, dass 1991 siebzehn Bescheide mit Hinweisen auf Stasi-Verstrickungen unter den Brandenburger Parlamentariern verschickt wurden. Im Abschlussbericht der damaligen Kommission, besetzt mit kirchlichen Würdenträgern, war aber nur von 12 Bescheiden die Rede. Alle Bescheide lagerten seit 1991 in einem Panzerschrank im Landtagskeller. Das Präsidium beschloss im Februar 2010 dann mehrheitlich bei drei Enthaltungen aus der Opposition, dass die Bescheide ins Landeshauptarchiv überführt werden, wo sie unter bundesdeutsches Archivrecht fallen und verschlossen sind. Die damalige CDU-Oppositionsführerin Johanna Wanka hatte den „Mehrheitsbeschluss“ des Präsidiums scharf kritisiert, der „keine der aufgeworfenen Fragen“ kläre. Die „Unklarheiten im Zusammenhang mit den Akten wurden nicht aufgelöst, sondern lediglich ins Landesarchiv weitergeschoben“, warnte Wanka. Daher sei der Beschluss „unglücklich“.
Die Enquete-Kommission hatte später gleichwohl den Anlauf auf Einsicht gestartet, weil der parlamentarische Beratungsdienst des Landtages in einer Expertise zum Ergebnis gekommen war, dass unter bestimmten Voraussetzungen ein Einblick möglich ist – eine Fehleinschätzung. Thorsten Metzner
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