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Brandenburg: Entscheidende Zufälle
Die Leipziger Montagsdemonstration erhält den Deutschen Nationalpreis
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Berlin - „Winds of Change“, „Die Internationale“ und „Einigkeit und Recht und Freiheit“ gaben die musikalischen Motive für eine Komposition, die an den Herbst 1989 erinnern soll. Das Trio Neuklang führte sie am Dienstagmittag auf anlässlich der Verleihung des Deutschen Nationalpreises 2014 an die Leipziger Montagsdemonstration. Stellvertretend für alle, die damals den Mauerfall erkämpft haben, wurden in der Französischen Friedrichstadtkirche drei prominente Protagonisten der Wende ausgezeichnet und außerdem das Archiv Bürgerbewegung Leipzig. Geehrt wurden der Bürgerrechtler Uwe Schwabe, der Initiator der Friedensgebete, Christoph Wonneberger, und der langjährige Pfarrer der Nikolaikirche, Christian Führer, der sich aus gesundheitlichen Gründen von seiner Tochter vertreten ließ. Unter anderem der frühere Bundespräsident Horst Köhler, Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher und die Präsidentin der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR, Sabine Bergmann-Pohl, waren gekommen, um den Preisträgern zu gratulieren.
Dank Richard Schröder, dem Vorstandsvorsitzenden der 1993 von Helmut Schmidt mitgegründeten Stiftung, wurde der Festakt zu einer höchst lebendigen und lehrreichen Geschichtsstunde. Der Theologe erzählte die Geschichte der Friedensgebete und Montagsdemonstrationen, aber bewusst nicht als spät verklärende Idylle. Ihm kam es darauf an zu zeigen, wie aus Zufällen, aber auch aus allzu menschlichen Querelen am Ende genau das richtige Ergebnis zustande kommen kann. Er erklärte auch, wie das biblische Motiv „Schwerter zu Pflugscharen“ ins Spiel kam. Vorbild war eine Plastik, die die Sowjetunion einst der Uno geschenkt hatte.
Geholfen hat im Nachhinein eben auch das sensible Austarieren von Grenzen, indem beispielsweise auf Stoff gedruckt wurde statt auf Papier, was der Zensur unterlegen gewesen wäre. Dass zwischen den Kirchenleuten selbst Spannungen existierten, brachte er ebenso zur Sprache wie die Tatsache, dass sich die sogenannten Antragsteller gern bei den Friedensgebeten fotografieren ließen, um ihre Ausreise zu beschleunigen. Auch die Rufe der Demonstranten von damals kamen wieder vor, allen voran „Wir sind das Volk“. Elisabeth Binder
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