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Brandenburg: Erdölsuche im idyllischen Naturschutzgebiet

Britische Firma will im Schlaubetal fossile Brennstoffe abbauen, in der Nachbarschaft wollen auch die Kanadier bohren

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Müllrose - Als schönstes Bachtal Ostdeutschlands preisen Einheimische und Besucher das Schlaubetal. Seit 1995 ist das Gebiet zwischen Müllrose im Norden und dem Tagebau Jänschwalde im Süden ein Naturpark. Schon im nächsten Jahr könnte es mit der Idylle in der dünn besiedelten Gegend im Landkreis Oder-Spree vorbei sein. Dann will die britische Firma Celtique Energie im Dreieck zwischen Frankfurt (Oder), Eisenhüttenstadt und Müllrose seismische Untersuchungen durchführen, die Klarheit über die erhofften Erdöl- und Erdgasvorkommen bringen sollen.

Dass es diese Lagerstätten in 1500 bis 2000 Metern Tiefe gibt, erbrachten nach Angaben des für Celtique Energie tätigen Geologen Christian Haase bereits Analysen zu DDR-Zeiten. Allerdings erschienen die Vorkommen als nicht besonders ergiebig, eine Förderung unrentabel. „Inzwischen aber haben sich die Preise für Erdöl drastisch erhöht, sodass das Gebiet wieder attraktiv erscheint“, so Haase. Seine in Karlsruhe ansässige Firma 360plus Consult wurde von den Briten mit der Klärung aller Formalitäten in Deutschland beauftragt.

Dazu zählt auch die verwaltungstechnische Zustimmung der betroffenen Kommunen. Die Stadtparlamentarier von Müllrose stimmten einem sogenannten Gestattungsvertrag jetzt zu. Auch im Amt Schlaubetal sieht man die Förderpläne von Celtique Energie mit Wohlwollen. „Wir können schließlich nicht gegen alles sein“, sagt Bauamtsleiter Werner Märkisch. Schließlich würde die Region über die Gewerbesteuer von den Aktivitäten der Firma profitieren, ergänzt Amtsdirektorin Ilka Matuschke. Vom Brandenburger Landesbergamt erhielt die Firma eine Erkundungskonzession, die gilt allerdings nicht für das Naturpark Schlaubetal. Dorthin sollen die Erkundungen aber nun ausgeweitet werden.

Das letzte Wort allerdings haben die fünf anderen zum Amt gehörenden Gemeinden. Über ihre Straßen sollen die Erkundungsmaschinen fahren. Die Menschen vor Ort tun sich aber schwer mit der Erdölförderung. Noch vor einem Jahr, so sagt Katharina Staar, ehrenamtliche Bürgermeisterin der Gemeinde Grunow-Dammendorf, hätten die Gemeinden die Untersuchung abgelehnt.

Die Menschen im Schlaubetal seien vor allem wegen der Pläne des Energieriesens Vattenfall misstrauisch, erklärt Staar. Der schwedische Energiekonzern will im Raum Beeskow, in unmittelbarer Nachbarschaft, sowie im Oderbruch das bei der Braunkohleverstromung anfallende Kohlendioxid unterirdisch verpressen. Dagegen protestieren mehrere Bürgerinitiativen vor Ort. Vorausgehen sollen auch im Fall von Vattenfall seismische Untersuchungen. „Wer sagt uns denn, dass die Daten aus den seismischen Untersuchungen für die Erdölförderung nicht auch für die CO2-Lagerung genutzt werden“, fragt Bürgermeisterin Staar. Man müsse alles daran setzen, die Verpressung zu verhindern. Der Ansicht ist auch Bürgermeisterin Monika Senzel aus dem Ortsteil Schlaubetal. „Uns wurde Geld versprochen“, sagt sie. Von einer Million Euro sei die Rede. „Wir wollen unsere Heimat aber nicht verkaufen“, bekräftigt Stenzel.

Geologe Haase versichert indes, dass die Daten weder weitergegeben noch verkauft werden. Das sei vertraglich festgehalten. Würden die anderen Amtsgemeinden dem Beispiel Müllroses folgen, so könnte laut Haase theoretisch bereits im Frühjahr 2012 mit den seismischen Untersuchungen in dem etwa 400 Quadratkilometer großen Gebiet begonnen werden. Für realistischer hält der Geologe allerdings den September und verweist auf naturschutzrechtliche Bestimmungen, die vor allem in einem Naturpark gelten.

Um den sorgt sich der Grüne-Landespolitiker und Leiter des Parks Schlaubetal, Wolfgang Renner: „Wir sind hier nicht in Texas“, sagt er. Die Pläne müssten sorgfältig geprüft werden. Generell stelle sich die Frage nach dem Sinn. „In Deutschland haben wir andere Energieprobleme, ich glaube nicht, dass wir die Lösung in Erdöl finden.“

Davon ist man beim deutsch-kanadischen Unternehmen Central European Petroleum (CEP) überzeugt. Die Kanadier sind der britischen Celtique Energie einige Schritte voraus. Im knapp 40 Kilometer von Müllrose entfernten Guhlen baue man derzeit einen Bohrplatz auf. Im kommenden Jahr sollen sich die Bohrer drehen, in etwa drei bis vier Jahren das Öl fließen, hieß es von einem Sprecher des Unternehmens. In den Landkreisen Dahme-Spreewald und Spree-Neiße würden bereits weitere mögliche Öllagerstätten erkundet. In Mecklenburg-Vorpommern bohre CEP bereits nach Erdöl. Keines der Bohrlöcher befinde sich jedoch in einem Naturpark, hieß es. Zu streng seien die Umweltschutzauflagen.

Der Geologe Haase und die britische Celtique Energie lassen sich davon nicht schrecken. Biologen sollen die geplanten etwa 2,5 Millionen Euro teuren geophysikalischen Messungen begleiten. Sie sollen auf Straßen und Wegen mit sogenannten Vibrationsfahrzeugen entlang vorher festgelegter Messlinien realisiert werden. Etwa sechs Wochen dauern die Messungen. Die 20-Tonner verfügen über eine Art Rüttelplatte, die Vibrationen in Form von Schallwellen in das Erdinnere sendet. Die dort vom Gestein reflektierten Wellen werden durch Geophone gemessen.

Sollte sich tatsächlich eine Erdöl- und Erdgasförderung im Schlaubetal lohnen, so würden keinesfalls überall Bohrtürme aufgebaut und die Landschaft verschandelt, sagt Haase. „Wir gehen von zwei bis drei Stellen aus, an denen elektronische Pumpen in das Öl gehängt werden. Oberirdisch sieht man davon gar nichts“, versichert er. Läuft alles gut, dann könnten täglich etwa ein bis maximal drei Tankwagen Erdöl zu Tage befördert werden.

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