Von Alexander Fröhlich: Erfolgreiche Klage gegen Versetzung Zweifel an „Teilzeit schützt vor Versetzung“
Frankfurt (Oder) - Nach jahrelangem Streit vor Gerichten um den Status von verbeamteten Lehrerin in Teilzeit an Brandenburgs Schulen steht erneut die Personalpolitik der Landesregierung am Pranger. Das Oberverwaltungsgerichts (OVG) Berlin-Brandenburg betrachtet in einem Urteil vom 6.
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Frankfurt (Oder) - Nach jahrelangem Streit vor Gerichten um den Status von verbeamteten Lehrerin in Teilzeit an Brandenburgs Schulen steht erneut die Personalpolitik der Landesregierung am Pranger. Das Oberverwaltungsgerichts (OVG) Berlin-Brandenburg betrachtet in einem Urteil vom 6. November die Versetzungspraxis als rechtswidrig und gewährte zwei verbeamteten Lehrern vorläufigen Rechtsschutz, die sich gegen ihre Versetzung aus dem Schulamtsbezirk Frankfurt (Oder) in den von Brandenburg/Havel gewehrt hatten (PNN berichteten). Mit dem Urteil zieht das Gericht die bis Mitte 2010 geltende Vereinbarung „Teilzeit schützt vor Versetzung“ zwischen Landesregierung und Gewerkschaften in Zweifel. Diese war zum 1. August für 4700 Beamte in den Schulamtsbezirken Frankfurt/Oder und Cottbus in Kraft getreten. Dort gibt es aus Sicht des Bildungsministeriums wegen rapide sinkender Schülerzahlen einen Überhang an Lehrern, im Bereich Brandenburg/Havel fehle es im Speckgürtel um Berlin an Personal. Das Modell war als Reaktion auf „demografische Verwerfungen“ konzipiert und sieht vor, dass die Pädagogen auf eine Vollzeitstelle und Bezüge verzichten, dafür aber von einer Versetzung verschont werden.
Allerdings hat das Land nach Darstellung von Berufsverbänden bei der Stellenplanung schlicht übersehen, dass mehr als 6000 in Teilzeit tätige Beamte seit 1. August Anspruch auf eine Vollzeitstelle haben – daher der Überhang. Zwar sieht das OVG ein „dienstliches Bedürfnis“, überschüssiges Personal zu reduzieren. Dem Auswahlverfahren liege aber ein „durchgreifender Ermessensfehler“ zugrunde. Eine „weitgehende Privilegierung“ von Beamten, die zum Schutz vor einer Stelle fernab der Heimat in Teilzeit gehen, sei mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz unvereinbar. Zudem rügte das Gericht den auf Lehrer „faktisch aufgebauten Druck“, der im Widerspruch zu beamtenrechtlichen Grundsätzen stehe.
Nach dem Urteil sei klar, das bei künftigen Versetzungen grundsätzliche alle Lehrer zur Auswahl stehen müssten, niemand könne sich freikaufen, sagte Kathrin Wiencek, Vorsitzende des Philologenverbandes Berlin-Brandenburg. „Alle Zwangsversetzungen sind damit ungültig.“
Das Bildungsministerium rechnet mit weiteren Prozessen. Von 4700 Lehrern hätten 4000 die Teilzeitvereinbarung unterzeichnet, weitere 400 seien in Altersteilzeit gegangen. Von den restlichen 300 seien 105 versetzt worden – davon 46 unter Zwang. In 20 Fällen liefen die Verfahren noch, zwei Lehrer hatten nun vorläufigen Erfolg vor dem OVG. „Wir sehen die Sache anders“, sagte Ministeriumssprecher Stephan Breiding. „Die Richter können die Tragweite nicht adäquat wiedergeben.“ Ein Präzedenzfall sei das neuerliche Urteil nicht, jetzt warte man ein abschließendes Urteil ab. Pädagogen und Gewerkschaften hätten selbst eine solche Regelung zum Schutz vor Versetzung gewollt.
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