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Brandenburg: Erinnerung an John Heartfield

Dauerausstellung über Meister der Fotomontage öffnet in Waldsieversdorf

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Dauerausstellung über Meister der Fotomontage öffnet in Waldsieversdorf Von Jörg Schreiber Waldsieversdorf. Das Blockhaus auf dem verwilderten Waldgrundstück am Däbersee steht seit Jahren leer. Spinnweben sind an allen Ecken zu finden, die Fenster nach mehreren Einbrüchen vernagelt. Nicht nur das Dach muss dringend repariert werden. In dem Häuschen am Rande von Waldsieversdorf in der Märkischen Schweiz östlich von Berlin verbrachte der 1891 geborene Künstler John Heartfield von den 50er Jahren bis zu seinem Tod 1968 jeden Sommer. Am Samstag wird die Gemeinde den bis heute vor allem durch seine Anti-Hitler-Bilder bekannten Meister der Fotomontage ehren: Der am Haus vorbeiführende Weg wird auf den Namen „John-Heartfield-Steig“ getauft. Anschließend eröffnet Brandenburgs Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) eine Ausstellung. Die wird 20 hochwertige Fotokopien von Werken aus den Jahren 1928 bis 1939 zeigen und zugleich an die Zeit in Waldsieversdorf erinnern, sagt Bürgermeister Manfred Werner (PDS), der auch dem Heartfield-Freundeskreis im Ort vorsteht. Die Gemeinde habe die Rechte zunächst für ein Jahr erworben, die Schau solle aber abhängig vom Interesse zur Dauerausstellung werden. Damit will Waldsieversdorf an den Nimbus des Nachbarortes Buckow anknüpfen, wo das Brecht-Weigel-Haus seit Jahren Tausende Besucher anzieht. Werner kann sich sogar eine gemeinsame inhaltliche Ausgestaltung vorstellen. Schließlich hatte Bertolt Brecht dem aus dem Exil nach Leipzig zurück gekehrten Heartfield 1952 nahegelegt, „das absurde Leipziger Klima endlich mit dem berühmten hier (zu) vertauschen“. Die Schau - die zweite Ausstellung nach 1999 - wird allerdings nicht in dem authentischen Holzhäuschen, sondern in der vor zwei Jahren geräumten Schule des 920-Einwohner-Ortes gezeigt. Denn seit Jahren läuft ein Streit zwischen dem Bundesvermögensamt als Eigentümer und einer Erbengemeinschaft um das Grundstück am Däbersee, sagt Werner. Die Sache liege mittlerweile beim Oberverwaltungsgericht in Frankfurt (Oder) und ein Ende des Rechtsstreits sei nicht in Sicht. Dabei möchte der staatlich anerkannte Erholungsort das Häuschen seit Jahren zur Begegnungsstätte machen, auch um ein touristisches Highlight zu schaffen. „Das Haus ist mittlerweile in schlimmem Zustand“, klagt der Bürgermeister. Diese Situation werde vor allem von Besuchern aus den USA und Großbritannien - wo Heartfield sehr populär sei - oft der Gemeinde angelastet, der aber die Hände gebunden seien. Doch auch bei einer Entscheidung zugunsten des Bundes könnte Waldsieversdorf das Haus mangels Finanzen gar nicht ankaufen, sagt der Bürgermeister. Als Kaufpreis seien vor Jahren 40 000 Euro im Gespräch gewesen. Hinzu kämen Kosten für die Restaurierung von mindestens 100 000 Euro. Der in den Niederlanden lebende Heartfield-Enkel Bob Sondermeijer - der am Samstag den Steig einweihen wird - habe schon den Bundespräsidenten um Unterstützung gebeten. Hier müsse eine politische Entscheidung her, sagt der Bürgermeister. Die Ausstellung wurde gemeinsam mit der Berliner „Stiftung Archiv der Akademie der Künste“ gestaltet, die den Nachlass Heartfields verwaltet und die Schau künstlerisch und logistisch vorbereitete, sagt der Bürgermeister. Den Raum in der Schule habe die Gemeinde durch Fördermittel des Kulturministeriums sowie aus Spenden und Eigenmitteln renoviert. Er hoffe, dass die Ausstellung wieder Bewegung in die Sache bringt. Vielleicht finde sich beim Anblick des heruntergekommenen Häuschens ja doch noch ein Spender, hofft Werner und sagt: „Wir brauchen viele Mitstreiter.“

Jörg Schreiber

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