Brandenburg: Ermittlungen zu Missbrauch verzögert Vorfall an Helios-Klinik zu spät nachgegangen
Berlin - Polizei und Staatsanwaltschaft haben im Zusammenhang mit den sexuellen Missbrauchsfällen auf der Kinder-Intensivstation des Berliner Helios-Klinikums Buch offenbar folgenschwere Fehler gemacht: Hätten sie schneller reagiert und die Klinik über den brisanten Inhalt einer Strafanzeige informiert, wäre zumindest der dritte Übergriff des einstigen Pflegers Michael N. an einem achtjährigen Jungen zu verhindern gewesen.
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Berlin - Polizei und Staatsanwaltschaft haben im Zusammenhang mit den sexuellen Missbrauchsfällen auf der Kinder-Intensivstation des Berliner Helios-Klinikums Buch offenbar folgenschwere Fehler gemacht: Hätten sie schneller reagiert und die Klinik über den brisanten Inhalt einer Strafanzeige informiert, wäre zumindest der dritte Übergriff des einstigen Pflegers Michael N. an einem achtjährigen Jungen zu verhindern gewesen. Denn bereits zwei Monate vor der Tat zeigten die Eltern des ersten missbrauchten Kindes bei der Polizei in Oranienburg an, dass sich eine unbekannte Person an ihrem Kind auf der Station vergangen habe. Danach wurde diese Anzeige offenbar zu langsam über die Ermittlungsbehörden in Oranienburg an die Staatsanwaltschaft in Berlin weitergegeben. Und das Landeskriminalamt begann erst am 1. November zu ermitteln. Am 17. Dezember wurde der Täter festgenommen.
Wie berichtet steht der 29-Jährige inzwischen vor Gericht. Er hat gestanden, drei neun, fünf und acht Jahre alte Patienten am 11. Juni, 17. August und 16. November 2010 missbraucht zu haben. Laut Staatsanwaltschaft Berlin gaben die Eltern des ersten Opfers die Anzeige an ihrem Wohnort in Oberhavel bei Oranienburg auf. Danach habe erst die dortige Polizei ermittelt und das Verfahren schließlich der Staatsanwaltschaft in Neuruppin übertragen. Diese gab den Fall erst am 19. Oktober an die Staatsanwaltschaft Berlin weiter. Dort lag er bis Ende Oktober. Am 1. November sei das LKA mit den Ermittlungen beauftragt worden, teilte die Berliner Polizei auf Anfrage mit.
Die Polizei ging nun nach ihrer Darstellung wie folgt vor: Am 2. November habe man die Dienstpläne der Intensivstation telefonisch angefordert und am 16. November das Opfer und dessen Eltern angehört – dies war der Tag des dritten Missbrauchs. Um „weitere Erkenntnisse zur Täteridentifikation“ zu gewinnen, habe man am 30. November die Personalabteilung in Buch aufgesucht. Dies führte zu einem konkreten Verdacht. Am 9. Dezember legte man der Mutter und dem Jungen Fotos vor, auf denen sie den Verdächtigen erkannten. Fünf Tage später wurde dessen Wohnung durchsucht, wobei die Beamten eindeutige Beweise entdeckten.
Schon beim Auftakt des Gerichtsverfahrens stellten sich Beobachter am Donnerstag die Frage, warum die Helios-Klinik nicht bereits Mitte September von den Behörden über die Anzeige informiert worden war. Laut Klinik forderte das LKA Anfang November „ohne Angabe von Gründen“ die Dienstpläne an. Die Gründe für die Ermittlungen habe man erst bei der Festnahme erfahren. „Andernfalls hätte man beim geringsten Verdachtsmoment zumindest Kontrollen verschärfen können“, sagte eine Kliniksprecherin.
Die brandenburgischen Behörden waren Freitag nicht erreichbar. Ein Berliner Polizeisprecher sagte, der damals in Buch ermittelnde LKA-Beamte könne sich nicht genau erinnern. Er meine aber, er habe der Klinik die Ermittlungsgründe mitgeteilt. Diese fragte die Staatsanwaltschaft nach der Festnahme brieflich, warum sie so spät von den Vorwürfen erfahren habe. Eine Antwort sei ausgeblieben.
Dass die Ermittlungen auch schnell laufen können, erlebte eine Mutter im August 2011. Sie hatte einen Mann angezeigt, der als ehrenamtlicher Helfer in der Grundschule ihrer Tochter tätig war. Der 42-Jährige aus Treptow soll sich an dem Mädchen und einem Jungen vergangen haben. Ende August wurde Hilmar J. verhaftet. Am Freitag legte er ein Geständnis ab.K. Gehrke/Ch. Stollowsky
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