BER Schönefeld: Eröffnungstermin unter Vorbehalt
Beim BER gibt es vorerst Entwarnung für den Zeitplan. Doch der Aufwand ist enorm, für die Brandschutzanlage sind Umbauten und Zertifikate nötig. In Brandenburg verlassen die Grünen Platzecks Kaminrunde – sie fühlen sich getäuscht
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Schönefeld - Die Flughafengesellschaft hält an der Eröffnung des Hauptstadtflughafens am 27. Oktober 2013 fest – allerdings nur unter bestimmten Bedingungen. Am Dienstagnachmittag informierte BER-Technik-Chef Horst Amann die Gesellschafter über dieses Ergebnis seiner Krisengespräche mit Brandschutzexperten, Planern und Firmen. Und er macht Druck. Der Eröffnungstermin stehe zwar, das alles sei aber kein Selbstläufer, sagte er. Um den Aufwand zu bewältigen, hat Amann mehr Personal für das Controlling auf der Baustelle durchgesetzt und neue Strukturen mit klarer Verantwortung und Aufgabenverteilung installiert. Eine komplette Entwarnung für den Zeitplan sieht anders aus. Der Aufwand ist enorm und mit Risiken verbunden. Zudem offenbart Amanns Liste eine Reihe von Mängeln, die behoben werden müssen:
Die Entrauchungsanlage im Mainpier
Die Anlage im Terminal wird – wie PNN berichteten – an vier Stellen so umgebaut, dass die Entrauchung nicht mehr geschossübergreifend, sondern geschossweise erfolgt. Lediglich in der mittleren Haupthalle bleibt es bei einer geschossübergreifenden Entrauchung. Allerdings muss deren Funktionsweise der Genehmigungsbehörde in den nächsten Monaten mit weiteren Heißgasrauchtests erst einmal nachgewiesen werden.
Die Gepäckförderanlage
Dort und im Bereich der Gepäckausgabehalle gibt es Abweichungen von der Baugenehmigung. Dass soll jetzt durch den Einbau von Rauchabschlüssen an den Förderbändern zwischen verschiedenen Ebenen korrigiert werden. Dann gelangt der Rauch im Notfall nicht von einem Geschoss ins andere.
Sprinkleranlage
Die komplexe Anlage mit Zehntausenden Sprinklerköpfen wird nicht umgebaut. Die Flughafengesellschaft wird – wie von der Genehmigungsbehörde im Landkreis Dahme-Spreewald gefordert – die Systemzuverlässigkeit nachweisen müssen.
Das Schließsystem
Auch bei dem am BER eingesetzten vollautomatischen Schließsystem mit Keycard und ohne Schlüssel muss der Flughafen der Behörde nachweisen, dass sie selbst bei Stromausfall funktioniert.
Auslöser für die erneuten Zweifel an dem Eröffnungstermin ist ein Gutachten des auf Brandschutz spezialisierten Ingenieurbüros HHP Berlin, das bereits Ende Oktober auf Amanns Schreibtisch gelandet war und am Wochenende publik geworden ist. Darin wertet HHP den Eröffnungstermin wegen der anhaltenden Probleme als „kritisch“. Amann selbst soll von dem Fazit überrascht worden sein, zumal zuvor nie von derart schwerwiegenden Problemen die Rede gewesen sein soll. Um auf Nummer sicher zu gehen, hatte der Technik-Chef einen Bericht angefordert. Die Gutachter hätten die Situation kritischer eingeschätzt als zuvor, sagte Amann am Dienstag.
Die Mängel beim Brandschutz waren eine der Ursachen dafür, dass die für Anfang Juni angesetzte Eröffnung abgesagt werden musste. Ursprünglich war die Inbetriebnahme für Oktober 2011 geplant.
Bei der Bauaufsichtsbehörde im brandenburgischen Landkreis Dahme-Spreewald ist bereits lange bekannt, dass die Flughafengesellschaft beim Bau des BER häufig von den ursprünglich genehmigten Plänen abweicht. Grundsätzlich ist das kein Problem und bei derartigen Großprojekten nicht unüblich. Allerdings stimmen sich die Bauherren dann in der Regel mit den Behörden eng ab – beim BER war das nicht der Fall, bis Amann kam.
In Brandenburg schlägt der Ärger um den BER auch politisch Wellen und ist am heutigen Mittwoch Thema im Landtag. Die Grünen-Fraktion will aus den vertraulichen Kaminrunden mit Ministerpräsident Matthias Platzeck, der Stellvertreter von Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (beide SPD) im Aufsichtsrat ist, aussteigen. „Wir halten unsere Bereitschaft zu den Gesprächen nicht mehr aufrecht“, sagte Fraktionschef Axel Vogel am Dienstag. Im Juni hatte Platzeck der Opposition angeboten, in vertraulicher Runde über die Aufsichtsratssitzungen zu informieren. Die CDU hatte dies abgelehnt, FDP und Grüne nahmen an. Jetzt aber zieht Vogel einen Schlussstrich. Der Inhalt der Gespräche hinter verschlossenen Türen gehe nicht über das hinaus, was bei den Pressekonferenzen nach den Aufsichtsratssitzungen mitgeteilt wurde, sagte Vogel. Zudem würden den Brandenburger Abgeordneten Unterlagen unter Verweis auf Geschäftsgeheimnisse vorenthalten, die Bundestagsabgeordnete sehr wohl einsehen könnten. FDP-Fraktionschef Andreas Büttner ist zwar „schwer verärgert über die absolut unzureichende Informationspolitik“, will aber weiter in der Kaminrunde dabei sein.
Den Ausschlag für Vogels Rückzug aus der Spitzenrunde gab jetzt das HHP-Gutachten zu den Brandschutz-Mängeln. Obwohl der Bericht seit Ende Oktober bei der Flughafengesellschaft vorliegt und die Gesellschafter Bund, Berlin und Brandenburg unterrichtet worden sind, seien die Abgeordneten im Hauptausschuss vor einer Woche nicht informiert worden. Stattdessen sei der Eindruck vermittelt worden, dass „alles bestens“ sei, sagte CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski. Grüne und CDU werfen BER-Geschäftsführung und Platzeck Täuschung vor.
Tatsächlich hatte Amann vor den Abgeordneten die Probleme angedeutet. Die Botschaft hinter seinen kryptischen Aussagen aber hat wohl niemand verstanden. Laut Sitzungsprotokoll sagte Amann: „Wir müssen im Prinzip abschließende Klarheit haben über das Konzept der Brandschutzanlage, über Abweichungen, die wir heute noch planerisch bearbeiten müssen und auch baulich umsetzen müssen, und auch solche, die bleiben können in den vier bis sechs Wochen, damit wir noch umsetzen können, was zu machen ist.“ Es ist zu erwarten, dass die rot-rote Koalition damit alle Täuschungsvorwürfe zurückweist. SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher sagte zudem, das Problem mit dem Brandschutz sei derart detailliert, dass nicht einmal der Technik-Chef es im Einzelnen nachvollziehen könne.
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