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Brandenburg: Erst verkauft und dann entlassen

Ein Großlabor in Mühlenbeck schließt, weil immer mehr Menschen digital fotografieren. 118 Menschen verlieren ihre Arbeit. Kodak hatte das Werk kürzlich abgestoßen.

Mühlenbeck. Die Zeit reichte nicht einmal, ein neues Schild anzubringen. Der Name „Kodak“ prangte noch am Eingang, als die 118 Mitarbeiter des Fotolabors in Mühlenbeck (Landkreis Oberhavel) vom neuen Besitzer erfuhren, dass ihr Werk geschlossen wird. Die Heidelberger Firma BHG Color & Print GmbH hatte den Standort erst im Dezember von Kodak übernommen. Aber nicht nur wegen des erstaunlichen Tempos, das der neue Eigentümer bei der Schließung des Werks vorlegte, ist die Belegschaft sauer.

„Die Kollegen waren wie vom Donner gerührt“, berichtete die Betriebsratsvorsitzende Roswitha Ramin. Sie musste den Mitarbeitern die Hiobsbotschaft überbringen. Die Aufregung wurde noch größer, als sie den Termin der Schließung erfuhren: Anfang April wird die Produktion eingestellt – „viel zu wenig Zeit, um sich nach etwas anderem umzusehen“, klagte Roswitha Ramin. Die 43-Jährige hat vor fast 20 Jahren in dem Labor angefangen, damals gehörte es noch Unicolor. Kodak übernahm das Labor dann vor zweieinhalb Jahren. Damals dachten die Mitarbeiter noch, der Weltkonzern würde ihnen sichere Arbeitsplätze garantieren. Allerdings lassen heute immer weniger Fotografen Filme entwickeln – sie knipsen digital.

Deshalb schätzt Roswitha Ramin die Chancen ihrer Kollegen, bald eine neue Stelle zu finden, nicht gut ein. Sie hofft allerdings, dass einige bei „Spreefoto“ in Berlin unterkommen. Das Labor gehört ebenfalls der BHG Color & Print und soll die Mühlenbecker Kapazitäten übernehmen. Bei BHG war am Donnerstag niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.

Kodak hatte das Mühlenbecker Werk zusammen mit neun anderen in Deutschland verkauft und gleichzeitig einen Kommanditanteil bei der neu gebildeten BHG erworben. Die schließt neben Mühlenbeck noch fünf weitere Standorte in der Bundesrepublik. Über 800 Menschen verlieren ihre Arbeit. Der Betriebsrat äußerte darauf den Verdacht, Kodak versuche sich auf diese Art möglichst billig der Mitarbeiter zu entledigen. Zurzeit kämpft er noch um eine Abfindung für die Beschäftigten, so Roswitha Ramin. Vor dem Verkauf hatte Kodak einen Treuhandfonds „für eventuelle Stellenkürzungen“ angelegt. Das Geld darin reiche aber bei weitem nicht aus. Rund 8000 Euro stünden für jeden Kollegen zur Verfügung. Nach einem gesetzlich vorgegebenen Schlüssel sei mehr als das Doppelte fällig. Helmut Reissmüller, Laborleiter Europa von Kodak, widersprach: „Der Fonds ist an den gesetzlichen Vorgaben ausgerichtet.“ Die Sorgen des Betriebsrates gründeten auf „Missverständnissen“.

Neun Jahre ist es her, dass das Labor von Reinickendorf nach Mühlenbeck verlegt wurde. In der kleinen Gemeinde war es fortan das größte Unternehmen. „Den Wegfall der Gewerbesteuer werden wir spüren“, sagte Bürgermeister Klaus Brietzke. Schlimmer sei aber der Verlust der Arbeitsplätze. Dabei versteht Brietzke gar nicht, wieso der Standort schließen musste, er habe schließlich schwarze Zahlen geschrieben. Gegen Mühlenbeck habe wohl gesprochen, dass die Geräte in dem Großlabor veraltet sind.

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