Brandenburg: Erster Aufstand gegen Schröters Pläne
Städte- und Gemeindebund verreißt Leitlinien: Keine Kreis- und Gemeindereform ohne Regierungsreform in Brandenburg
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Potsdam – „Persönlich, bitte sofort auf den Tisch!“ So steht es in roter Schrift in dem Schreiben, mit dem Brandenburgs Städte- und Gemeindebund jetzt zum Aufstand gegen die seit Kurzem amtlichen Pläne von Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) für einen umfassenden Verwaltungsumbau des Landes samt Kreisgebietsreform bläst. Der den PNN vorliegende Brief des Geschäftsführers Karl-Ludwig Böttcher wurde am Donnerstag an alle Bürgermeister, Amtsdirektoren und Oberbürgermeister verschickt, damit diese für die heute in Potsdam geplante Informationsveranstaltung Schröters gebrieft und gerüstet sind. Danach kann sich Schröter auf harsche Kritik der Amtsträger gefasst machen, was den Innenminister eher anstachelt. Das Ministerium teilte nun mit, dass die Veranstaltung „öffentlich“ stattfinden wird.
Die „erste Einschätzung“ des kommunalen Spitzenverbandes zu dem von Schröter am Dienstag vorgelegten Entwurf eines Leitbildes für die geplante Reform, bei der die Zahl der 18 Land- und Stadtkreise in Brandenburg halbiert und Landesbehörden kommunalisiert werden sollen, kommt einem Verriss gleich. Zwar ist dem Gemeindebund die geplante Fusion von Landkreisen egal, die mit den neuen Richtgrößen (5000 Quadratkilometer, maximal 175 000 Einwohner als Regel) vorbereitet wird. Doch um so mehr kritisiert der Verband, dass mit dem Leitbild bereits eine neue Gemeindegebietsreform vorbereitet wird, die die rot-rote Koalition für diese Legislaturperiode ausgeschlossen hat.
Nach dem Leitbild sollen in den nächsten Jahren die Weichen gestellt werden, dass nach 2019 Großgemeinden – mit in der Regel 10 000 Einwohnern – gebildet werden. „Der Grundsatz, Strukturen aus Aufgaben abzuleiten, wird damit umgedreht“, schreibt Böttcher. Diesen Grundsatz hatte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) in seiner Regierungserklärung Ende 2014 nach seiner Wiederwahl als Ministerpräsident formuliert. Zum anderen vermisst der kommunale Spitzenverband weiterhin eine „umfassende Funktionalreform“, wohinter sich eine Neuverteilung der Zuständigkeiten zwischen Land, Kreisen sowie den Kommunen verbirgt. Die von Schröter angekündigte Übertragung von 22 Landesaufgaben auf die Großkreise, mit der klassische Landesbehörden wie das Landesumweltamt oder das Landesamt für Soziales quasi zerschlagen werden, reicht dem Städte- und Gemeindebund nicht aus. Fazit: „Keine substanziellen Reformziele für die Landesverwaltung.“ Stattdessen sei „ein Vorschlag der vollständigen Neuordnung beider kommunaler Ebenen vorgelegt worden, ohne sich allerdings mit den Effekten auf den Einsatz von Personal- und Sachmitteln auseinanderzusetzen.“
Volle Rückendeckung vom Gemeindebund, dessen Präsident Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) ist, bekommen die kreisfreien Städte Cottbus, Brandenburg an der Havel und Frankfurt (Oder), die künftig nur noch Oberzentren sein sollen und ihren Status damit verlieren würden. „Völlig unklar bleibt daher, wie die Oberzentren durch das Leitbild gestärkt werden sollen.“ Auf die Überschuldung der Städte, die über eine halbe Milliarde ausmacht, und auf die im Schröter-Leitbild angekündigte Teilentschuldung geht Böttcher nicht ein.
Innenminister Schröter und Finanzstaatssekretärin Daniela Trochowski wollen am Freitag in mehreren Veranstaltungen den Dialog über die Reform fortsetzen, etwa bei einer Inforunde mit den Landräten und Oberbürgermeistern. Am Nachmittag soll es dann noch ein Gespräch mit Vertretern der Gewerkschaften und Beamtenverbänden geben.
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