Brandenburg: Es blitzt, es knallt, es brennt
Pyrotechniker und Sprengstoffexperten trafen sich zur Tagung in Horstwalde
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Horstwalde/Berlin - Die Kamera wackelt, die Bilder sind unscharf. Trotzdem schaffen es Filmstreifen wie dieser regelmäßig in die Nachrichtensendungen: Ein Armeejeep ist auf einem Feldweg unterwegs und wird nach wenigen Sekunden von einer Detonation umgerissen. In diesem Fall stammt die Aufnahme allerdings nicht aus einem der Kriegs- und Krisengebiete der Welt, sondern aus dem brandenburgischen Horstwalde bei Baruth (Teltow-Fläming).
Dort, auf dem Gelände der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), lassen es die Ingenieure fast täglich krachen. In dieser Woche besonders spektakulär: Die Bundesbehörde lud am Donnerstag und Freitag zum fünften Mal zum Kongress „Sprengstoffe und Pyrotechnik“ ein. 300 Gäste kamen nach Angaben der Veranstalter zu dem Treffen – darunter Pyrotechniker, die die Bühne bei Konzerten von den Rolling Stones oder von Rammstein zum Brennen bringen, Sprengstoffexperten von der Polizei, Hersteller von Sprengstoffen für Bergbau oder Erdölbohrungen und Sicherheitsexperten wie Engelbert Waßmuth, der den Film mit dem Bombenanschlag auf das Armeeauto mitgebracht hat.
Mit seinen Kollegen von der Firma IABG bei München entwickelt Waßmuth Sitzsysteme und Airbags, die die „Überlebensfähigkeit von Fahrzeuginsassen bei aktuellen Bedrohungen“ verbessern soll, wie er erklärt. Was mit den Insassen nach der Detonation aus fünf Metern Entfernung passiert, zeigt der nächste Filmstreifen aus dem Fahrzeuginneren: Die Dummys mit den aufgeklebten Kreuzen in den Schläfen werden ruckartig zu Seite geschleudert und bleiben mit verrenkten Gliedmaßen im Gurt hängen.
Nur für Filme sind die Pyrotechniker aber nicht nach Horstwalde gekommen. Nach dem Vortragsprogramm geht es auf den Sprengplatz, eine kreisrunde Lichtung von 400 Metern Durchmesser im Herzen des zwölf Quadratkilometer großen bewaldeten Testgeländes. Bereits 1871 verlegte das Preußische Kriegsministerium seinen Schießplatz aus Berlin-Tegel hierher in den Kummersdorfer Forst. Wernher von Braun arbeitete hier später an der Raketenentwicklung, die DDR-Armee NVA machte unter anderem Beschussversuche auf Betonmauern für Kernkraftwerke. Die BAM-Ingenieure, eine Stammbesetzung von gerade mal zehn Mann, nutzen das Gelände seit 1990.
Den verregneten Mainachmittag verwandeln sie für die Sprengstoff-Experten nun in eine nachträgliche Silvesterfeier. Es blitzt, es knallt, es rattert, es brennt, es wird heiß. Und laut. Die Erfahrenen unter den Gästen schützen ihr Gehör mit rosa Stöpseln in den Ohren. Bei besonders mächtigen Detonationen gibt es ein anerkennendes Nicken.
Für BAM-Präsident Manfred Hennecke ist die Tagung „eine Art Familientreffen“. Bei der Infoveranstaltung sollen Hersteller, Anwender, Behördenvertreter und Techniker zusammengebracht werden, erklärt er: „Unser Ziel ist, die Sicherheit zu erhöhen.“ Kriegs- oder Bergbautechnik und Feuerwerkskörper sind für den Ingenieur dabei „von der Chemie her dieselbe Sache“: Bei beiden gehe es um die Sicherheit bei Lagerung, Transport, Umgang und Zündung. Jana Haase
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